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Juri ist Russe und wohnt seit eineinhalb Jahren über mir. Es ist nicht so, dass wir uns wirklich gut kennen, aber seine Nachbarschaft tut mir gut. Juri studiert im dritten Semester Wirtschaft, hat aber, soviel ich weiss, in seiner Heimat bereits einen Abschluss gemacht. Jedenfalls ist er schon einiges über dreissig. Juri lebt zurückgezogen, bis auf seltene Besuche von ein paar Studienkollegen oder anderen Exilrussen. Abends ist er meist zu Hause. Wenn wir uns im Treppenhaus begegnen, laden wir uns manchmal auf eine Tasse Tee ein.

Ich mag Juri. Ich glaube, er erinnert mich an Freddie, einen Buben aus meiner Kindheit. Freddie wohnte im gleichen Haus und er war mein Freund, dass er drei Jahre jünger war, spielte keine Rolle. Stundenlang lagen wir auf der Terrasse über der Bäckerei und betrachteten die Welt. Die Schnecken auf dem Weg zum Basilikum, die Käfer und Ameisen in der Regenrinne, die dicke Nachbarin beim Wäscheaufhängen, die anderen Kinder bei ihren Streifzügen durchs Quartier. Freddie durfte bei der Quartierbande nicht mitmachen, weil er zu klein war, und mich wollten sie nicht, weil ich ein Mädchen war. Freddie war wie ein kleiner Bruder. Juri gegenüber habe ich ähnliche Gefühle, er ist jünger als ich, aber er ist ein Verbündeter, dem ich ohne viele Worte begegne. Weshalb ich wenig über ihn weiss.

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