Читать книгу Russische Freunde. Kriminalroman онлайн
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Es war nicht in Ordnung, so in Juris Andenken zu stöbern, ich legte die Briefe zur Seite und sah mir die Fotoalben an, die mir weniger intim schienen. Einen blonden Jungen, der auf fast allen Fotos abgebildet war, identifizierte ich als Juri. Blond, blass, hoch aufgeschossen, auch heute noch sieht Juri so aus. Nicht wie ich mir einen Russen vorstelle. Juri hat kaum Bartwuchs, und selbst mit dreissig wirkt er wie ein zu schnell gewachsener Junge. Juri hatte mir einmal von einer Schwester erzählt, die mit elf Jahren an einer Hirnblutung gestorben war, vermutlich das dünne Mädchen, das auf vielen Fotos neben Juri stand. Ein Album enthielt Bilder von einer Moskaureise, Juri als junger Erwachsener inmitten einer Gruppe von Kameraden. Abgesehen davon, dass mich die Bilder nichts angingen, fingen sie an, mich zu langweilen. Ich kannte die Leute nicht, Pferdeschlitten kamen keine vor, und die Häuser hätten irgendwo stehen können.
Ganz unten im Koffer lag ein Ordner, in dem Juri Diplome und Dokumente aufbewahrte. Ich stellte fest, dass Juri in Kiew Maschinenbau studiert und vor fünf Jahren abgeschlossen hatte. Mit seinem ganzen Namen hiess er Juri Wadimowitsch Salnikow, und er hatte Blutgruppe A. Es war mir unangenehm, seine Sachen durchgesehen zu haben. Ich legte alles zurück in den Koffer und schloss ihn, zögerte dann aber, holte den USB-Stick aus dem Beutel und steckte ihn ein. Wenn schon, dann konnte ich mir auch noch anschauen, was sich darauf befand.