Читать книгу Daskind - Brandzauber - Angeklagt. Romantrilogie онлайн

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Das Herz des Wals wiegt 500 Kilo, sagt Kari Kenel zum Kind. Der Wal liegt auf einem langen, mit Planen ausgekleideten Eisenbahnwagen. Wäre das aufgerissene Maul nicht, das von Eisenstäben gestützt wird, könnte man meinen, das Tier schliefe. Wie ein riesiger, schwarz geteerter Neger, lacht der Gemeindepräsident, dem das Dorf dieses Ereignis zu verdanken hat. Sein Arm verschwindet im aufgerissenen Rachen. Die Kinder an den Händen ihrer Mütter sind ängstlich. Wissen nicht, ob sich das riesige Tier nicht doch plötzlich bewegt, aufersteht vom Tod, der ihm von Männern mit großen Harpunen zugefügt wurde. Tapfer schreien sie im Chor nach Mister Haroy, es hallt durch den Bahnhof, als würde eine Horde Wilder den Geist des toten Tiers beschwören. Daskind schreit nicht mit. Wagt sich näher an den Leib, will dem Tier in die Augen schauen. In den Augen des Wals muss seine Heimat zu sehen sein, meint Daskind, eine Landschaft aus Farben und Licht, mit geheimnisvollen Höhlen, von regenbogenfarbenem Licht durchflutete, moosüberwachsene Korridore, durch die ein Schwarm schwereloser, friedlicher Tiere dahingleitet, ein ruheloses, einander umwerbendes Gedränge aus kühlen, wendigen Leibern. Aber in den Augen des Wals ist die Heimat nicht abzulesen, die Daskind meint. In den Augen des Wals sieht es die Augen seiner Widersacher, und in deren Augen wiederum die Augen der Widersacher hinter diesen Widersachern, Jahrmillionen zurück, und immer der lachende Töter hinter dem lachenden Töter hinter dem Töter. Ein Schachteltraum bindet Daskind an den toten Wal. In diesem Traum sind sie beide Gejagte, Daskind findet sein Entsetzen in den Augen des Wals wieder, seine Angst und den hilflosen Zorn, der jedem Töter entge­gen­brandet und doch, kurz vorm Zuschlagen, ungenutzt verebbt.

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