Читать книгу Die illegale Pfarrerin. Das Leben von Greti Caprez-Roffler 1906 - 1994 онлайн

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Die Erziehung war für Greti vom ersten Tag an ein Kampf. Gemäss der modernsten Säuglingspflege sollte eine Mutter ihr Kind alle vier Stunden stillen, angefangen um sechs Uhr früh. Um zehn Uhr abends gab sie ihm die letzte Mahlzeit, danach für acht Stunden nichts mehr. Hebamme Anny blieb die ersten drei Wochen nach der Geburt im Pfarrhaus und unterstützte Greti dabei, den Stillrhythmus einzuhalten. Die Grossmütter zeigten sich skeptisch, ein solch strenges Regime war ihnen fremd. Doch Greti wollte das Kind früh ans Durchschlafen gewöhnen.426 Es sei ja zum Besten für alle, rechtfertigte sie sich vor Gian. Wenn die beiden ­Nanis erzählen, dass sie bei ihren Kindern ein ganzes Jahr jede Nacht fünf bis sechsmal aufgestanden seien, so will ich lieber jetzt noch ein paar Nächte das Geschrei und die Bächlein meiner Milch, dafür aber nachher Ruhe für mich, Dich und es.427

So leicht, wie Greti gehofft hatte, gewöhnte sich Gian Andrea allerdings nicht an die Stilldisziplin. Hans-Hühnchen versucht es noch jede Nacht, unsere Herzen zu erweichen, berichtete sie Gian am vierten Tag nach der Geburt. Aber weder die «Gluggeri» noch die Mutter sind barmherzig. Sie schweigen, wenn sie auch nicht schlafen können. Freilich wenn man bedenkt, dass er von vier bis halb sechs brüllt, schmatzt und mit offenem Mäulchen in der Luft herumfährt, es an seinen Fäustchen und dem Kopfkissen versucht und unterdessen aus der übervollen Brust der Mutter zwei Bächlein rinnen, so ist dies viel geopfert für den Götzen Erziehung.428 Sie fühlte sich ohnmächtig, und in ihr regten sich leise Zweifel, ob der eingeschlagene Weg der richtige sei. Doch dann riss sie sich zusammen. Es muss werden, wir müssen es zum Durchschlafen, zu acht Stunden Ruhe bringen.429

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