Читать книгу Die illegale Pfarrerin. Das Leben von Greti Caprez-Roffler 1906 - 1994 онлайн

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Greti: Das Kind zuerst und dann das Examen, dies gibt es für mich nicht. Wenn das Kind dann schon da ist, dann langt mir dann weder die Energie noch die Zeit für eine intensive Examensarbeit.41

Mutter: Also Papa sagt, das sei unmöglich. Wenn’s etwa mit drei Monaten wäre, würde es noch besser gehen, dann wäre es weniger auffällig.42

Greti: Dass eine schwangere Frau doch nicht ein Examen machen ­könne, ästhetisch oder sittlich oder weiss ich was nicht, rührt mich gar nicht. Das geht die Professoren dann nichts an, ob ich als schwangere Frau ­Examen machen will oder nicht. Darüber gibt es zum Glück keinen Paragraphen. So was gibt es einfach nicht. Das ist noch nie da gewesen. Es würde mich aber schrecklich reizen. Die Frau «mit ihrem hohen, hehren Mutterberuf» macht just während der Schwangerschaft Schlussexamen. Welche Schändung «der göttlichen Schöpfungsordnung». (…) Wenn es nicht geht, verzichte ich lieber auf das Kind als auf das Examen.43

Greti musste auf nichts verzichten. Genau wie geplant wurde sie im Mai 1930 schwanger. Sie meldete sich sofort zum Schluss­examen an44 und kaufte für Mitte September eine Karte für die Überfahrt nach Europa. Und nun also lag sie mit ihren Büchern im Liegestuhl auf Deck. Während sie sich die grossen Theologen der Geschichte einzuprägen versuchte, brütete Gian in seinem Büro an der Escola Politecnica in São Paulo über der Frage, ob Eukalyptus als Baumaterial tauge. Liebes, Du, hatte er ihr am Tag nach ihrer Abreise geschrieben, wohl wissend, dass sein Brief sie erst Wochen später erreichen würde. Weisst Du, dass ich zum ersten Mal meiner Frau schreibe? Hast Du das mündliche Examen schon hinter Dir, die Überfahrt, den Zoll und das anvertraute Gut? Und «es», war es auch lieb zu Dir? Sag ihm, es soll so lieb zu Dir bleiben, wie Du es zu mir warst. Heute konnte ich gut arbeiten, und ich war so frisch, als hättest Du die «ganze Bürde meiner Jahre» mitgenommen und die grosse Verantwortung der Holzmesserei. Vielleicht ist es die Freude an Dir, dass Du nun dies alles unternimmst und Dich so glänzend gehalten hast.45

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