Читать книгу Die illegale Pfarrerin. Das Leben von Greti Caprez-Roffler 1906 - 1994 онлайн

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Nun stellte sich die Frage nach der gemeinsamen Zukunft drängender. Gian zog es in die Ferne, und Greti wollte mit ihm ­gehen.160 Im Juli 1929 reiste er nach Paris, klopfte bei verschiedenen Schweizer Ingenieuren an und fragte nach einer Stelle. In der französischen Hauptstadt erhielt er dank einem Schweizer Kontakt ein Angebot, allerdings nicht in Paris, sondern im fernen São Paulo, als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Polytechnikum. Aufgeregt berichtete er der Liebsten davon. Sie könnten heiraten und zusammen nach Brasilien reisen! Oder Greti würde zuerst in der Schweiz Examen machen und dann nachkommen. Eigentlich tust Du mir leid, Du Liebes. Du solltest Deine Kräfte für das Examen brauchen, ohne Dich erst mit solchen Problemen zu plagen. (…) Nur davor fürchte ich mich, dass Du Dir und vielleicht im stillen auch mir Vor­würfe machen könntest, wenn Du nun abbrechen würdest. Überleg es Dir in aller Ruhe und arbeite so weiter wie bis jetzt, noch ist kein «fait accompli» da.161

Greti faszinierte die Vorstellung, mit Gian nach São Paulo zu ziehen und ihr Eheleben fern von Eltern und Schwiegereltern zu beginnen. Auch ihre Freundin Hildi hatte kürzlich geheiratet, war mit ihrem Mann nach Amerika gegangen und fasste dort eine Laufbahn an der Universität ins Auge.162 Warum sollte Greti es ihr nicht gleichtun und in Brasilien das Examen vorbereiten? ­Natürlich hatte ihr Vater grosse Vorbehalte gegen diesen Plan. Die Tochter solle den Liebsten ziehen lassen und erst das Studium abschliessen, zumal es in Brasilien Wilde gebe.163 Das heisst also, ich soll Dich allein hineingehen lassen, um zu sehen, ob sie Dich eventuell auffressen und wenn nicht, nachkommen! Da sollen sie mich lieber gleich mitfressen, spottete Greti. Die Motivation des Vaters für solche Aussagen kannte sie nur zu gut. Er möchte mich auch im Glaskästlein auf der Kommode seiner Studierstube haben. Wenn dies ginge! Mich zieht es mit tausend Fäden nach Brasilien oder Sibirien oder sonstwohin. Mit Dir allein sein, endlich Du und ich und sonst niemand, der immer alles zu wenig vernünftig und würdig, zu wenig bürgerlich und reserviert findet. Endlich «Haare abschneiden» und tun, was ich will und Du, was Du willst! Es sitzt mir ganz tief im Herzen. (…) Liebes, wir gehen, gell, wir gehen! (…) Besser, von Wilden gefressen zu werden als zu Hause mit einem Zopf und tausend weitern «Zöpfen» fast zu ersticken.164

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