Читать книгу Die illegale Pfarrerin. Das Leben von Greti Caprez-Roffler 1906 - 1994 онлайн

94 страница из 125

Weil sie so schüchtern war, traute sich Greti auch nicht, Kinderlehre343 zu halten, wie es sich der Vater gewünscht hätte.344 Nicht für hundert Franken würde sie die Kinder unterrichten, da konnte auch die gleichaltrige Cousine Gretly Puorger nichts bewirken, die in Winterthur Sonntagsschule erteilte und Greti ermunterte, es ihr gleichzutun. Doch Greti winkte ab: Ich habe von Natur aus eine unüberwindliche Scheu davor, aus der Verborgenheit hervorzu­treten. Schon in einer Gesellschaft mit mir unbekannten Menschen werde ich ganz still und verkrieche mich in mich selbst. Ihre Schüchternheit sei nicht mit Furcht vor Menschen zu verwechseln, viel eher spüre sie eine grenzenlose Unsicherheit. Alles scheint mir so verwor­ren, das früher so einfach und selbstverständlich war. Je weiter ich in der Schule hinaufrücke, umso mehr sehe ich, dass ich nichts weiss, dass mein Wissen immer ein lückenhaftes sein wird. Hast Du nicht auch ­solche Zeiten? Ich weiss nicht, was ich noch werden soll, ich weiss nicht, wo die Grenze zwischen Gut und Böse liegt345. Und nun sollte ich, die ich mit allem im Unklaren bin, andere belehren wollen? Oh nein, so vermes­sen bin ich nicht! 346

Правообладателям