Читать книгу Spurlos. Andrea Stamms zweiter Fall онлайн
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Als erste «Amtshandlung», wie Reto es nannte, hatte sie über dem Eingang mit Bohrdübeln das Schild befestigt: Rock’n’Ice – Kletterschule. Dazu das Signet, eine Seiltänzerin zwischen zwei Bergspitzen. Kletterfreunde hatten ihr beim Umzug geholfen, es hatte aus Kübeln gegossen, doch ihr Mobiliar war schnell im Haus. Reto liess einen Sektkorken knallen und bemerkte: Beim Zügeln regnet es immer. Andrea prostete den Freunden zu und trank zur Feier des Einzugs ein halbes Glas.
Sie zählte die Glockenschläge, zwei Uhr nachts. Sie begann zu rechnen, addierte, subtrahierte, summierte Zins und Zinseszins einer allfälligen Hypothek für die sanfte Renovation. Neue Fenster, hatte der Architekt empfohlen, neue Fensterläden, Sickerleitung, um den Keller zu entfeuchten. Den Ersatz der alten ausgetretenen Treppen verlangte das Baugesetz. Das Amt für Heimatschutz hatte sich gemeldet, machte Auflagen. Die Schindelfassade und das Dach mit den Schwalbenschwanzziegeln mussten erhalten bleiben, eine kostspielige Angelegenheit. Das Amt für Umweltschutz forderte die Sanierung der Abwasserleitungen. Die Lebensdauer von sanitären und elektrischen Installationen war längst abgelaufen. Küche, Toiletten, Gästezimmer waren renovationsbedürftig. Ein Fass ohne Boden. Seit Wochen stellte Andrea in Computertabellen das Notwendige dem Wünschbaren gegenüber und wünschte sich manchmal wieder die Zeit herbei, als ein Zelt, ein Rucksack voll Kletterwerkzeug und eine Sporttasche mit Klamotten ihr einziger Besitz gewesen waren und die Unendlichkeit des Himmels über Amerika das Dach über ihrem Kopf. Ein Dach, das nie leckte, an dem keine Würmer und Schimmelpilze frassen. War ein neues Dach wirklich notwendig, wie Reto Kocher empfahl? Solange es nicht hereinregnete, wollte sie zuwarten. Und wieder schlug die Glocke. Drei Uhr.