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In dieser Straße ist der Dichter Renzo Pezzani geboren – hier ist die Gedenktafel –, in einer der Wohnungen über den Kebab-Läden, einem Geschäft, das wertvolles Porzellan verramscht. Ida lebt hier in diesem volkstümlichen, am Samstag stillen Viertel versteckt in einem Altersheim. Niemand kennt ihre Geschichte. Die Pförtnerin schaut in der Liste der Heimbewohner nach, findet aber den Nachnamen Lexert nicht. Die Witwe lebt versteckt.
Doch sie ist da, kommt mir im Trainingsanzug entgegen. Darüber eine zu weite Jacke, dieses Jahr ist der Winter auch in Parma lang. Sie schlief gerade in ihrem Zimmer, entschuldigt sie sich. Leicht wie eine Mücke schwebt sie durch die Gänge. Ich überreiche ihr den Strauß roter Tulpen, und wir setzen uns in einen Aufenthaltsraum, der sich nach und nach belebt: Neben uns stößt eine unförmige Frau stotternd ein paar Schreie aus, eine kleine Mongoloide ist still, eine lange Dünne kann sich nicht auf den Beinen halten. Ich frage nach einer Schere, um die Schleife an den Tulpen aufzuschneiden. Doch eine der verlassenen Seelen sagt zu mir: Hier darf man keine Schere haben. Wie? Sind wir im Gefängnis? Ich knote die Schleife auf, eine Frau nimmt sie als kostbares Dekorationsmaterial an sich. Dann stelle ich die Blumen in einen Wasserkrug. Vasen gibt es hier nicht, niemand bringt den alten Frauen, die in der Märzsonne vor sich hin summen, Blumen mit. In der Sonne von Renzo Pezzani.