Читать книгу Reden wir über das Sterben. Vermächtnis einer Ärztin und Patientin онлайн

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Auch Menschen, die durchaus als Vorbilder gelten könnten, taten und tun sich mit dem Tod so schwer. Zum Beispiel die amerikanische Philosophin Susan Sontag, die so spannen­de Beiträge in ihrem Buch «Krankheit als Metapher» verfasst hat, konnte den eigenen Tod überhaupt nicht ak­­zeptieren. Ihr Sohn, der Journalist David Rieff, hat in seinem Buch «Tod einer Untröstlichen» davon Zeugnis abgelegt. Susan Sontag starb wütend. Wütend auf die «zu frühe Ge­­burt». Als Frau, die große Stücke auf die Naturwissenschaft und den Fortschritt hielt, war sie überzeugt, dass es in wenigen Jahren Mittel geben würde, die ihr Leben hätten verlängern können. Immerhin ist sie fast 72 Jahre alt geworden. Sie war am Schluss bereit, die aggressivsten Therapien auf sich zu nehmen. Sie forderte sie sogar. Den Tod zu akzeptie­ren, war keine Option. Entsprechend hat sie es verpasst, sich von ihren Nächsten zu verabschieden.

Ich sehe solche Schicksale und bin traurig für diese Menschen. Ich frage mich, ob sie denn nicht erkennen, dass es irgendwann allen Bemühungen zum Trotz nicht mehr gelingen wird, den Tod auszutricksen. Der Vorhang wird dann endgültig fallen. Keine Zugabe. Keine letzte Runde mehr auf dem Karussell. Egal, was wir unternehmen. Merken sie nicht, dass sie durch diesen Aktivismus und ihre Leidensbereitschaft in der Hoffnung, noch etwas länger zu leben, gerade die Lebenszeit, die sie noch haben, vergeu­den? Diese Zeit hätten sie nutzen können, um ihre Sachen zu regeln, um Abschied zu nehmen. Ich fürchte, wenn man bis 85 noch nicht erledigt hat, was man sich vorgenommen hat, werden einige Monate mehr leider auch nicht mehr reichen.

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