Читать книгу Reden wir über das Sterben. Vermächtnis einer Ärztin und Patientin онлайн

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Das Totschweigen

Der Tod ist heute in Filmen, im Fernsehen allgegenwärtig. Im gelebten Alltag hingegen bleibt er uns fremd, bis es nicht mehr anders geht. So begegnen wir dem Tod unserer Nächsten ohne Gebrauchsanweisung, oft ungeschickt und mit einem unguten Gefühl. Gelänge es, das Tabu zu brechen und frühzeitig über die letzten Dinge zu reden, ginge es den Sterbenden und ihren Nächsten in vielen Fällen besser. Wenn wir das Tabu brechen und offen über den Tod und unsere diesbezüglichen Vorstellungen und Wünsche reden könnten, wäre bereits viel erreicht.

Es ist klar, dass jüngere Menschen zu weit entfernt sind vom Thema, es sei denn, sie sind im persönlichen Umfeld direkt davon betroffen. Und dann ist es schwierig, für sie geeignete Gesprächspartner zu finden. Deshalb bleiben sie in ihrem Leid oft einsam. Vermehrt gibt es Kinderbücher für Kinder von kranken Eltern und Internetplattformen für junge Menschen. In meinem Umfeld hat ein junger Mensch seine Mutter zwei Wochen vor der Maturafeier an Brustkrebs verloren. Er ist Teil einer Clique. Ich war schockiert, ein Jahr nach ihrem Tod zu erfahren, dass einige in der Gruppe nicht einmal wussten, dass er seine Mutter verloren hatte. Von meinem Vater weiß ich, dass man seinen Vater nach dessen Ermordung in der russischen Revolution über Jahre nicht mehr erwähnte. Und ich war immer wieder Zeuge, wenn ältere Menschen im Gespräch über ihren Wunsch zu sterben abgewehrt wurden. «Nein, nein! Sag nicht so etwas! Wir werden noch lange Feste feiern! Wir brauchen dich.»

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