Читать книгу Reden wir über das Sterben. Vermächtnis einer Ärztin und Patientin онлайн

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Dabei muss unmissverständlich gesagt werden, dass ich keinesfalls auf Therapien verzichtet habe. Ich bin in jedem Fall der Schulmedizin treu geblieben. Nur habe ich nicht unbedingt die Empfehlungen der behandelnden Ärzte be­­folgt. Ich bin jetzt, was die aktuelle Erkrankung betrifft, bei der sechsten Chemotherapie angelangt. Und diese Therapien sind nicht billig. Aber sie sind verträglich und haben mir bald fünf Lebensjahre geschenkt. Offensichtlich eine gute Wahl, auch wenn mein Leben seit der Diagnose alles andere als einfach ist, weil mir nach schweren Rückfällen und erneuten Therapiemisserfolgen die Optionen schwinden.

Im Unwissen, wie viel Zeit mir noch zur Verfügung stehen würde, versuchte ich 2009, Prioritäten zu setzen. Bei einer vollen Praxis, bei der Notwendigkeit, Chemo- und Strahlentherapien in den Tagesablauf reinzuquetschen, im Bewusstsein, dass ich noch einiges aufzuräumen hatte, war ich unter Druck. Unser Sohn war sechzehn Jahre alt. Ich wollte ihm noch so viel mit auf den Weg geben. Die Fragen, die im Raum standen, waren: Falls du noch eine Woche, einen Monat oder ein Jahr zu leben hättest, was würdest du tun? Abgesehen davon, dass ich im ersten Herbst und Winter nach der Diagnose besonders den Lauf der Jahreszeiten beobachtete – es konnte mein letzter Winter sein –, fiel es mir leicht zu sagen, was ich mit einem letzten Jahr machen würde. Ich hatte bereits im Alltag so viel zu tun, dass ich eigentlich gar keine Wahl hatte. Ich habe nun seit mehr als vier Jahren «mein letztes Jahr» vollgestopft mit Projekten, die ich unbedingt erledigen wollte.

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