Читать книгу Das Gesetz des Wassers. Ein Tanner-Kriminalroman онлайн
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Zur Bedingung, dass sie überhaupt mit ihm essen ging, gehörte ja das Versprechen, dass er ihr von seinem Besuch im Schlaraffenländli erzählte, und zwar mit allen Details, wie sie ausdrücklich betonte. Nun, ihr alle Details dieses Besuches zu erzählen, war kein Problem für Tanner. Zumal es ja ein ziemlich abrupt abgebrochener Besuch war. Aber wie macht man einer Frau begreiflich, warum man zu einer Nutte geht? Und auch noch einer Frau, die einem ungemein gut gefällt?
Und so wurde das Gespräch zwischen Martha und Tanner ernster, leiser und die Spannung zwischen ihnen immer greifbarer. Und zwar eine Art Spannung, die einen immer stärker verkrampft, je mehr man ihr entkommen möchte. Tanner hatte sich den ersten gemeinsamen Abend ganz anders vorgestellt. Dabei hatte ihre Begrüßung und die erste halbe Stunde ihrer Begegnung ein unbeschwertes Klima gehabt. Sie sprachen über unverfängliche Dinge aus der gemeinsamen Vergangenheit. Sie lachten gemeinsam über ihre ehemaligen Mitschüler und über ihre alten Lehrer. Kurz, es war eine Leichtigkeit und Vertrautheit zwischen ihnen, die Tanner freudig überrascht und dementsprechend animiert hatte. Sie versetzte ihn in Hochform. Martha hingegen reagierte anders. Als ob diese Schwingungen sie erschreckten. Als ob diese Stimmung, die sich spontan zwischen ihnen eingestellt hatte, nicht in ihr Konzept passte. Man konnte direkt sehen, wie sie geradezu mit Fleiß und mit System ihre Ausgelassenheit und Offenheit zurücknahm. Wie eine Fischerin, die ihre Netze einholt. Ihre Fragen wurden zunehmend penibler, ihre Ansichten zu allem, was Tanner sagte, schärfer und eigenartiger. Und das Schlimmste für Tanner war: Je mehr er von sich preisgab, desto bedrückter wurde Martha. Es begann ein eigenartiger Teufelskreis: Da er das Gefühl hatte, dass sie ihn immer weniger verstand, holte er immer weiter aus, durchpflügte die Vergangenheit seines Lebens, berichtete von seinen Beziehungen und schilderte ihr so plastisch wie möglich einschneidende Ereignisse. Aus lauter Verzweiflung erzählte er hundert und eine Anekdote. Es nützte alles nichts. Er sah deutlich in ihren Augen, dass er sie nicht überzeugen konnte. Sie bestand darauf, dass er vom Wesentlichen sprach. Und so erzählte er schließlich doch die Geschichte von Elsie. Da begann sie stumm zu werden. Bei allen anderen Dingen, von denen Tanner vorher sprach, hatte sie unerbittlich nachgehakt. Jetzt lauschte sie nur noch stumm seinen Worten. Vom Essen bekam Tanner für einmal wenig mit, obwohl der spanische Koch ohne Zweifel exzellent kochte.