Читать книгу Das Gesetz des Wassers. Ein Tanner-Kriminalroman онлайн

139 страница из 162

Eines Morgens war das Bett neben ihm leer und im Badezimmer waren alle ihre Sachen weg. All die Fläschchen, Döschen und sonstigen geheimnisvollen Gerätschaften, die eine Frau braucht, die sich an den Schimären der illustrierten Hefte orientiert – alles war verschwunden. An diesem Tag hat Michel wirklich wenig gegessen und das Wenige lustlos.

Heute allerdings will sich der übliche Heißhunger aus einem anderen Grund nicht einstellen. Die dritte erschlagene Kuh ist im See gefunden worden. Und er hat immer noch nicht den geringsten Hinweis in der Hand. Nicht das leiseste Anzeichen von einer Spur. Es ist zum Davonlaufen. Auch die Laune des Herrn Oberstaatsanwalt verschlechtert sich von Tag zu Tag. Tote Kühe im See machen sich irgendwie nicht besonders gut. Die Hotels am See klagen schon über sinkende Bettenbelegungen.

Zu allem Überfluss hat sich das Wasser des Sees über weite Flächen in tiefrotes Blut verwandelt. Da die farbliche Verwandlung zeitlich hinterlistig exakt nach dem Auftauchen der ersten erschlagenen Kuh begann, verbindet die einfache Volksseele das rote Wasser mit den toten Kühen. Dass es sich um eine explosionsartige Vermehrung der so genannten Blutalgen handelt, ein Phänomen, das sich in diesem See alle paar Jahre wiederholt, kann nichts an der Penetranz ändern, mit der eine gewisse Presse genüsslich einen Zusammenhang mit dem Blut der Kühe suggeriert, lechzend und bereitwillig aufgenommen von einer sensationslüsternen Bevölkerung. Normalerweise ergötzte sich der Volksmund an der Verbindung zu den in diesem See kurz nach Pfingsten 1476 abgeschlachteten Burgundern. Wenn sich also alle paar Jahre der See rot färbte, sprach man mit angenehmem Schaudern vom Burgunderblut.

Правообладателям