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Dieses unser Land ist klein, so klein. Der Besprecher trifft den scharf Besprochenen spätestens eine Woche nach der Besprechung wieder. Man verkehrt in denselben Kreisen, Radio-TVU-Zeitungen, ist in der gleichen Zunft gewerkschaftlich organisiert (Gruppe Olten) – kann man jetzt noch ein Bier miteinander trinken, ohne einen Teil davon sich an den Kopf zu schütten? Geht man mit abgewandten oder gesenkten Augen aneinander vorbei? Was schreibt der literarische Verhaltenskodex in solchen Fällen vor? Sagt man SALI oder SOUHONG oder gar nichts? Die Gruppe Olten hat für solche Fälle noch keine allgemein verbindlichen Regeln ausgearbeitet. Sich streicheln oder um den Hals fallen (ohne den Besprecher dort zu würgen!) kann man auch nicht, dann wäre die scharfe Besprechung nicht ernst gemeint gewesen vom Besprecher und vom Besprochenen nicht ernst genommen worden.

Die Schriftsteller sind in einer Zunft organisiert und verhalten sich nach aussen manchmal solidarisch, und innerhalb dieser Zunft sind sie Konkurrenten und hassen sich oft sehr, genau wie andere Gewerbetreibende. Der Markt ist klein, die Zahl der Schreibenden nimmt in letzter Zeit gewaltig zu, von den Älteren sterben nur wenige, und die Leute, welche Bücher lesen, werden nicht zahlreicher. Da muss jeder hart um seinen Marktanteil kämpfen. Erst ein minimaler Marktanteil garantiert ihm literarisches Prestige und ein Häuchlein Ruhm, und keiner bleibt gerne zeitlebens ein Geheimtip. Bücher, die nicht besprochen und kaum verkauft werden, existieren nicht. Einen kenne ich, der prüft in den Buchhandlungen, ob seine Bücher wirksam plaziert sind, eine aufreibende Beschäftigung. Ein anderer geht bei Gelegenheit mit einem Rosensträusschen bei seinem Verleger vorbei, um ihn bei Laune zu halten. Ein dritter lädt periodisch Rezensenten zu Tisch, und alle bedrängen den Frisch, er solle ihr neues Buch doch bitte, bitte im SPIEGEL besprechen, aber einer drängt so stark, bis Frisch es dann wirklich tut, und einer wird sauer, weil Silvio Blatter von Böll, und ein anderer wird grantig, weil Gerold Späth von Grass gesponsort wird, und einen kenne ich (mich), der hat schon eine Gegendarstellung geschrieben, als er eine böse Kritik bekam, und alle beobachten die Auflagen ihrer Kollegen, WIE VIEL HAST DU VERKAUFT ist eine gefürchtete oder beliebte Frage, und warum, denkt A, wird B zu so vielen Lesungen eingeladen und er nicht, und warum hat dieses Huhn den Aufmunterungsförderungsunterdiearmegreifenpreis bekommen und er nichts und C darf im Radio lesen oder wird gar, denkt D, von Hermann Burger oder Wehrli P.K. am Fernsehen vorgestellt, aber D, der seine eigenen Werke besser findet als die von C, nicht? Und warum darf E, denkt F, eine Kolumne schreiben, wo er doch gar nicht schreiben kann?

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