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Von Emile Zola weiss man, dass er mehrere Male auf dem Führerstand einer Lokomotive mitgefahren ist, bevor er «La bête humaine» geschrieben hat (Eisenbahnmilieu! Die Lokomotiven stimmen), und Gustave Flaubert – man darf ihn nochmals erwähnen, weil Walter sich ausdrücklich auf ihn bezieht – hat sich so gründlich mit der Wirkung des Rattengiftes auf den menschlichen Organismus beschäftigt, dass er echte Vergiftungserscheinungen aufwies, durch Empathie, als er mit der Beschreibung der Vergiftung seiner Madame Bovary beschäftigt wa, – und so kommt sich denn auch der Leser wie vergiftet vor, wenn er diese Stelle liest.
Bei Walter & Koerfer habe ich dieses Gefühl (Gewissheit!), dass die Fiktion eine neue Wirklichkeit ist, nie, weil ihre Fiktionen der Wirklichkeit nicht zuerst aufs Maul geschaut und sie erst dann überhöht haben, sondern willkürlich ins Blaue hinaus fiktioniert sind. Es sind mühsame Konstrukte, die jeder Wahrscheinlichkeit entbehren, zurückgeblieben hinter der Realität, sub-realistisch statt, wie vermutlich angestrebt, mit einem Hauch von Sur-Realismus belebt. Beide bringen, wenn es besonders dämonisch und/oder traumhaft werden soll, Tiere ins Spiel: Walter lässt eine wunderbare Prozession von Lurchen (bekannte urnerische Landplage) über die Gotthardstrasse kriechen, auf welchen Lurchen jenes Auto, das unser Liebespaar nach Italien bringen soll, ausschlipft, sodass dann im Maderanertal übernachtet werden muss statt in Italien; in welchem Maderanertal nachts im Licht von Jeepscheinwerfern ein Stier auf garantiert bestialische Art ÜBER DIE DÖRFER und lebend angebraten wird (vgl. die wiederholte Kampagne des Tierschutzes gegen das Uri-Stier-Kreuzigen), und Koerfer lässt einen Teddy-Bär plötzlich zur Lebensgrösse anschwellen, Achtung Kinderphantasie, und den Industriellen Korb erlegen, welcher ausserdem von einem Adler zu Tode gehackt wird, nachdem er sein italienisches Dienstmädchen gevögelt hat. Der Umgang mit plötzlich auftauchenden Tieren ist aber etwas vom Heikelsten. Buñuel kann das, Abel Gance auch, sein Napoleon-Adler ist einleuchtend; Koerfers und Walters Tiere sind ausgestopft.