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Und die konkreten Probleme der leibhaftigen Franzosen? Wer schreibt Berichte über das trostlose Leben in der Pariser Agglomeration? Nicht jene Korrespondenten, die bequem im Grünen wohnen und dort ihr Gärtchen pflegen. Wer produziert einen Artikel über Willkür und Allmacht der französischen Polizei, dazu einen politischen Erklärungsversuch der Polizeistaatlichkeit? Nicht jene gepflegten Herren, welche noch nie erlebten, wie man nach einer friedlichen Demonstration zusammengedroschen wurde und wie man auf den Kommissariaten behandelt wird. Polizeiwillkür gibt es für unsere Korrespondenten erst, wenn auch die grossen Zeitungen wie «Figaro» die Methoden etwas zu brutal finden. Wer hat, in Ermangelung eigener Erlebnisse, wenigstens das Buch von Denis Langlois über die Foltermethoden der Polizei besprochen? Wer von den wackeren Greisen liest überhaupt Bücher, einen Bruchteil wenigstens aus der historischen, politwissenschaftlichen und soziologischen Jahresproduktion? Dabei haben sie die Bücher gratis, mit ihrem Presseausweis. Wer liest die sogenannt linksextremen Zeitungen, Zeitschriften und Revuen, von «Politique Hebdo» bis zu «Partisans»? Oder doch hin und wieder «Esprit»? Wer ist auf die verlässliche, wenn auch linke «Libération» abonniert, die immer wieder vom Los der Fremdarbeiter, von der Misere auf dem Land, von unbekannten Streiks und aus den Bidonvilles berichtet? Sicher nicht jene selbstzufriedenen Idylliker, die noch nicht bemerkt haben, dass ihr Koordinatensystem die wichtigsten Fakten eliminiert, die auch nicht spüren, wie sehr das etablierte Informationssystem sich selbst reproduziert, wie schlecht es unmittelbar bevorstehende Erdbeben vorausspüren kann (ein berühmter Artikel von Viansson-Ponté in «Le Monde», unmittelbar vor dem Mai 1968, unter dem Titel: «La France s'ennuie»).