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Es geht ihnen einfach zu gut, unsern dickhäutigen Schreibkräften, sie haben ein für allemal ihren objektiven und gepolsterten Standpunkt, oberhalb aller Standpunkte (meinen sie), und betrachten von hoher Warte die hohe Politik, freuen sich über den atlantisch gesinnten Giscard, welch ein Aufschnaufen nach de Gaulle, haben Mitleid mit Jean-Paul Sartre, der wie Sokrates die Jugend verführt, kennen ihn und seine Schriften aber nicht, finden die Sozialpolitik des Chirac eine fortschrittliche Sache, haben aber nicht darunter zu leiden, bei ihrem beinahe diplomatischen Status, bewundern die neuen Quartiere rund um Paris und die lebhafte Bautätigkeit allenthalben und die Renovierung der alten Quartiere, Sanierung überall: entzückend die neuen Fassaden, Notre-Dame im neuen Kleid. Gewiss, von der dynamischen Modeschnüfflerin, die das Büro eines grossen Verlages am Quai Voltaire leitet, kann man eine kritische Berichterstattung nicht erwarten, die beschäftigt sich mit Mireille Mathieu und Johnny Halliday, zu diesem Zweck wurde das Mädchen nach Paris geschickt; aber von den seriösen Korrespondenten könnte man doch hoffen, dass sie nicht nur über die Johnny Hallidays der Politik berichten, dass sie ihre Augen öffnen, ihre Ohren, eventuell mal ihren Kopf zu einer persönlichen Reflexion benützen, bevor ihnen die bürgerliche Presse den Artikel vorgedacht hat. Oder man erwartet, dass sie mal in die unterentwickelte und kolonisierte Provinz reisen oder in die französischen Kolonien, die zum Schein selbständig geworden sind. Man hofft auf einen Bericht über das Leben in den Kohlebergwerken, über die Verhältnisse bei Citroën, einen Blick auf die Pariser Stadtplanung, auf die unerhörte diktatorische Machtkonzentration in den Händen Giscards, auf die Beschreibung eines Regionalpräfekten, der seine Provinz wie ein Vogt regiert.