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Sie hatten mir erzählt, dass sie hier «herein», «in dentro», also in die deutsche Schweiz, gekommen wa­ren, um die Sprache besser zu lernen; aber deutsch, sagte mir Gianni, redeten sie nicht einmal im Ge­­schäft; und zum Schatz, «a morosa», gingen sie übers Wochenende ins Tessin, wenn sie nach Hause zu­rück­kehrten: Der eine hatte eine richtige feste «morosa», die im Ospedale Civico in Lugano arbeitete, und wir wussten es, dass wir uns von Zeit zu Zeit ein Stück vom Panettone der Mariangela abschnitten. «Hast du es ihr erzählt, deiner Mariangela, dass du da bei zwei hübschen Mädchen sitzt und ihren Panettone isst? Hast du es ihr erzählt von Bethli, die drüben duscht?» (Und in dem Augenblick war vielleicht Ma­riangela, das arme Ding, gerade im Begriff, sich die weiße Ärmelschürze umzubinden, um ihren Nachtdienst anzutreten.) Wer uns die drei Nüsse mit der bloßen Hand aufbrach, war aber doch der andere, der Bauer von den beiden.

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Mit Giannis Freunden unterhielt ich mich oft über meine Schüler: Aber sie wollten nicht, dass ich von den Aufsätzen erzählte, von dem, was wir zusammen lasen, von den Zeichnungen, die ich geschenkt bekam und die ich über alles liebte und nicht einmal Bethli gab; sie wollten Daten wissen, wollten Zahlen, und da war es dann jedes Mal, als ob man Funken schlüge über die leeren Nussschalen: Hitzige Diskussionen entbrannten, bei denen der Name und die Geschichte meiner Kinder nichts mehr bedeuteten, sondern nur noch die Regierung, die Industrie, die Politik etwas galten. Fredi, der Jus studierte (und den wir jetzt beim Vornamen nannten), hatte alle Ziffern im Kopf und wusste die Einwohnerzahl einer jeden Gemeinde: so viele Schweizer, so viele Ausländer, so viele Italiener; mit seinen Zahlen hatte er die Sache besser im Griff als wir alle: Es genügte, sagte er, da und dort ein paar Nullen wieder zurechtzurücken, er schwor es. Und ich dachte, dass alles, was ich im Augenblick tun konnte, nur das eine war: dass ich mit den Eltern von Sergio redete, meinem kleinen Sizilianer in Döttingen; dass ich sie dazu brachte, sich beim Schweizer Lehrer für das häufige Fernbleiben ihres Kindes zu entschuldigen; und dass sie Sergio dann weiter in Döttingen zur Schule schickten, damit er bei ihnen aufwachse, und dass sie ihn nicht zu den Großeltern nach Italien abschoben. Aber es war schwierig, so zu reden, schwierig, dass sie nicht auch mir misstrauten: Sie selbst waren nicht in die Schule gegangen, was sollten sie da ihr Kind hin­schicken?

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