Читать книгу Ein Bruder lebenslänglich. Vom Leben mit einem behinderten Geschwister онлайн

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Beim Austrittsgespräch sagte der Arzt meinen Eltern, ihr Sohn würde sehr viel Liebe benötigen. «Wohl wird es kaum einen Stu­dier­ten aus ihm geben, aber es müssen ja nicht alle studieren.» Das war alles, was meinen Eltern als Aufklärung über die durch die Krankheit hinterlassenen Schäden ihres Sohnes mit auf den Weg gegeben wurde. «Mach’ dass er brav studiert. Belohn damit sein Streben, dass einst berühmt er wird», dieser Geburtswunsch aus der Feder des Wiener Künstlers musste somit schon früh begraben werden.

Ich war voller Freude, dass der Bruder nun wieder bei uns war und ich einen Spielgefährten hatte. Das Schwesterchen war einfach noch zu klein für meine Spiele.

Mein Bruder machte jedoch wenig her als Spielpartner:

Ich hatte die Kiste mit den Bauklötzen auf den Boden geleert und wollte mit meinem Bruder zusammen etwas bauen. Er war jedoch nicht am Bauen interessiert, sondern nahm zwei Holzklötze und schlug sie einfach nur gegeneinander. Er wusste wohl nichts Besseres damit anzufangen. Ich nahm ihm die Klötzchen aus der Hand und wollte ihm zeigen, was man alles damit machen konnte. Sogleich fiel er über mich her. Seine Finger griffen nach meinen Haaren und zerrten so fest, dass ich zu weinen begann. Mama eilte herbei, um mich zu befreien. Das war nicht einfach, denn seine Finger waren so fest in meine Haare verkrallt! Voll Entsetzten sah ich, wie er ganze Haar­büschel in seinen Händen hielt, meine Haare! Ich konnte nicht verste­hen, warum er denn so böse wurde. Ich wollte ihm ja nur helfen.

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