Читать книгу Ein Bruder lebenslänglich. Vom Leben mit einem behinderten Geschwister онлайн

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Es gab aber noch einen ganz praktischen Grund, mich nach Grattigen zu schicken. Der Bruder war bereits dort. Wegen seiner durchgemachten Lungentuberkulose verordnete ihm der Arzt immer ­wieder Kuraufenthalte. Ich sollte ihm nun auf der Alp Gesellschaft leisten und dabei auch als Kindermädchen die Sophie entlasten.

Es war ein nebliger Novembermorgen und noch stockdunkel, als meine Mutter sich mit mir auf die Reise machte. Nach einer längeren Zugfahrt warteten wir an einem Bahnhof auf das Postauto. Ein kalter Wind pfiff uns um die Ohren. «Hier bin ich geboren», sagte Mama. Ich schaute mich ungläubig um. Es gab kein Gebäude in der Umgebung, welches wie ein Spital aussah, und ich wusste inzwischen, wo die Kinder zur Welt kamen. Doch Mama erzählte mir, dass ihr Vater hier früher einmal Stationsvorstand war. Die Familie logier­te deshalb in der Dienstwohnung im Bahnhof, und damals waren Hausgeburten üblich. Von da an prahlte ich vor den anderen Kindern damit, dass meine Mutter in einem Bahnhof geboren wurde. Ich ernte­te immer ungläubiges Staunen.

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