Читать книгу Unter Schweizer Schutz. Die Rettungsaktion von Carl Lutz während des Zweiten Weltkriegs in Budapest - Zeitzeugen berichten онлайн
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Mit dem 19. März 1944 änderte sich die Lage. Angesichts des Vorrückens der sowjetischen Armee und des sich zunehmend stärker manifestierenden Willens der ungarischen Regierung, ins Lager der Alliierten zu wechseln, marschierten die deutschen Truppen im Land ein. Nazideutschland verfügte jedoch nicht mehr über die Mittel für eine umfassende, dauerhafte Besetzung, und ein Grossteil der Truppen wurde bald wieder abgezogen. Es zwang dem Reichsverweser Miklós Horthy, der das Land seit 1920 regierte, zwei Reihen von Massnahmen auf: eine Kollaborationsregierung und eine Armada von Aufsehern und Beratern unter der Leitung von Edmund Veesenmayer, der sowohl Heinrich Himmler als auch Joachim von Ribbentrop vertrat. Adolf Eichmann stand an der Spitze eines Spezialkommandos zur Organisation der Deportationen. Es waren also die Deutschen, die die Strippen zogen. Um jedoch den Schein ungarischer Souveränität aufrechtzuerhalten, blieb der Regent Horthy Staatsoberhaupt.
Eichmann und seine Kommandotruppe machten sich umgehend an die Arbeit. Es wurde ein Zeitplan zur Konzentration der ungarischen Juden erstellt, der bald die Deportation folgen sollte. Als erstes waren die Juden der Provinzen im Osten, Südosten und Norden betroffen – die Gebiete, die den heranrückenden sowjetischen Truppen am nächsten lagen und als letzte von Ungarn annektiert worden waren. Die Operation sollte spätestens nach drei Monaten mit den Juden der Hauptstadt abgeschlossen werden. Am 15. Mai 1944 fuhr der erste Zug nach Auschwitz-Birkenau, bis an die slowakische Grenze von Ungarn begleitet. Innerhalb weniger Wochen wurden über 430 000 Juden aus der Provinz deportiert, was eine Welle an Protesten auslöste. Papst Pius XII., der amerikanische Präsident Roosevelt und der schwedische König schickten Protestnoten an den Regenten Horthy. Anfang Juli wurde Budapest von der US-Luftwaffe bombardiert. Vor diesem Hintergrund ordnete Horthy am 6. Juli einen Deportationsstopp an. Bis dahin war die jüdische Bevölkerung aus der ungarischen Provinz verschwunden. Übrig blieb die jüdische Gemeinschaft der Hauptstadt Budapest.