Читать книгу Tot sein kann ich morgen noch. Meine Reise vom Kopf zurück ins Herz онлайн
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Was nützt einem das eleganteste Kleid im Schrank, wenn man keine Haare hat?
Während der Chemotherapie war ich mit einer Freundin shoppen. Ich war die Perücke leid, es war Sommer und heiß und so eine Perücke ist wie eine Bademütze im Freibad. Ungemütlich. Man schwitzt darunter. Ich wollte sein, wie ich derzeit einfach war. Ohne Haare. Die Perücke war für mich ein Ausdruck von extremer Anpassung und Schutz für die Menschen um mich herum. Ziehst du eine Perücke auf, sind sie nicht mit dem Krebs konfrontiert. Es gab Tage, da brauchte ich sie doch, denn sie war auch Schutz für mich. Man muss die Reaktionen der Menschen auf eine Krebsglatze aushalten können. Wenn du keine Haare hast, stimmt was nicht mit dir. Du musst wie alle anderen sein. Du musst Haare haben. Ich hatte aber keine. Ein Mützchen mit angeklebten Plastikhaaren sollte Abhilfe schaffen? Meine Gedanken waren trotzig. »Ich bin doch viel mehr als Haare«, dachte ich immer. »Nehmt mich so, wie ich jetzt eben bin.«
Ich führte also meine Glatze spazieren und probierte im Geschäft ein sehr elegantes Kleid an. Ich fragte meine Freundin, ob mir dieses Kleid stehen würde. Sie schaute kritisch unter ihrer Brille durch und sagte: »Kannst du mal deine Haare aufziehen? So kann ich das nicht beurteilen.« Das Ergebnis: mit Perücke sah das Kleid entzückend aus, ohne eben nicht.