Читать книгу Es ist noch kein Meister in den Himmel gefallen. Gebrauchsanleitung für das letzte Lebensdrittel онлайн
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Ich glaube gar nicht, dass es schlimm wird. Ich glaube sogar noch etwas viel Schlimmeres, also für meine fromme Oma, mit der ich als Kind oft zur heiligen Messe ging, wäre das schlimm gewesen. Ich glaube heute, dass ich Älterwerden und Sterben üben kann, und es von Mal zu Mal immer leichter fällt – und ich meine damit nicht die tausend Tode, die man so oft im Leben stirbt. Sondern den einen großen, den letzten.
Ich bin christlich erzogen worden und habe unter anderem Theologie studiert. Ostern absolvierte ich mit Oma einen Kirchenmarathon. In meiner Erinnerung knie ich wochenlang auf harten Holzbänken. Auch in unserer Küche hing ein gekreuzigter Mann über dem Esstisch. Ich schaute ihn oft an, forschte in seinen Zügen und dachte mir, dass das Kreuzigen vermutlich sehr wehgetan hat. Wie viele andere Kinder malte ich mir die Nägel durch die Hände und Füße aus. Nein, mit Sterben wollte ich nichts zu tun haben.
Heute ist das anders. Etwas in mir ist neugierig auf den Tod, sehr, sehr neugierig. Während viele Menschen in unserem Kulturkreis hoffen, dass es nach dem Tod weitergeht, bin ich überzeugt davon. Es ist ein bisschen wie im Kino. Kaum ist ein Film zu Ende, fängt der nächste an. Für weltweit zirka 360 Millionen Buddhisten und zirka eine Milliarde Hindus ist diese Vorstellung normal.