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In der Vision, die Petrow entwickelte, nahm der KGB immer mehr die Rolle des roten Fadens ein, der sich durch alle historischen Entwicklungen zog, welche das Land durchlitten hatte. Und jetzt wurde es, Gott sei Dank, von dem richtigen Mann geführt. Er selbst, Petrow, war mit der Leitung einer Mission beauftragt worden. Ein General hatte ihn an sein Sterbebett gerufen und ihm offenbart, dass man ihm die Verantwortung für eine wichtige geheime Angelegenheit übertragen wolle. Petrow erkannte darin eine Symbolik, die zu dem Werk passte, an dem er arbeitete – einen greifbaren, wenn auch höchst geheimen Beweis dafür, dass der Dienst größere Bedeutung hatte als jene, denen er diente. Dass er eine größere Reichweite hatte als jede sichtbare und damit vorübergehende Machtstruktur. Hier bestimmte man sich selbst. Wie viel Wladimir Putin davon ahnte, wusste Petrow nicht und durfte auch keine Fragen dazu stellen. So lauteten die Anweisungen.
Petrow hatte das Ganze so verstanden, dass es Stalin persönlich gewesen war, der diese Mission einst ersonnen hatte – einen Gefangenen mit dem Hintergedanken am Leben zu halten, dass er eines Tages von Nutzen sein konnte, um an Informationen zu kommen oder sogar einen Gefangenenaustausch durchführen zu können. Im Grunde war es Kidnapping, ganz einfach. Stalin hatte ein Faible dafür gehabt. Aber irgendetwas war schiefgegangen. Man hatte einmal zu oft gelogen, und der Gefangene war mehr oder weniger nutzlos geworden. Was sollte man jetzt mit ihm machen? So war Stalin verstorben und schließlich auch Lawrenti Beria, der berüchtigte KGB-Chef und Stalins Nemesis. Andere hatten die Macht übernommen, und die Frage war im Niemandsland versumpft, was mit dem Gefangenen geschehen sollte. Der Geheimdienst hatte beschlossen, ihn am Leben zu halten. Man wusste schließlich nicht, ob er irgendwann einmal wieder von Nutzen sein konnte. Außerdem traute sich niemand, ihn hinzurichten, denn wer konnte schon ahnen, was die neuen Machthaber wollten oder in Zukunft wollen würden? Chruschtschow ging dann Stalin und Beria hinterher. Der KGB war im Besitz des Geheimnisses – und Wissen war Macht. Geheime Anweisungen wurden innerhalb einer äußerst kleinen Gruppe erteilt. Die Botschaft war klar und deutlich: Vielleicht konnte man den Gefangenen eines Tages noch als Druckmittel gebrauchen. Als Druckmittel gegen die eigenen Politiker, um sie in Schach zu halten. Das war quasi die Leiche im Keller des Politbüros, aber eben nur quasi, denn eine Leiche gab es nicht – nur einen zwar alternden, aber lebenden Menschen, der in regelmäßigen Abständen, vielleicht alle vier Jahre, unter größter Geheimhaltung verlegt wurde. Neue safe houses in anderen Teilen des Reichs. Die Anweisungen blieben aber immer dieselben. Kein Wort zu niemandem. Maximum security.