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Aber wenn er auch diese Gedanken als sinnlos beiseite schob und die Uniform als das Naturgegebene hinnahm, es steckte doch mehr dahinter als eine bloße Bekleidungsfrage, mehr als etwas, das seinem Leben zwar keinen Inhalt, wohl aber Haltung gab. Oft glaubte er die ganze Frage und auch Bertrand mit dem Wort: »Kameraden in des Königs Rock« abtun zu können, obzwar er weit davon entfernt war, damit eine außerordentliche Hochachtung vor dem Rock des Königs ausdrücken zu wollen oder einer besonderen Eitelkeit zu frönen, war er doch sogar darauf bedacht, daß seine Eleganz über eine genau eingehaltene vorschriftsmäßige Korrektheit nicht hinausginge oder von ihr abwiche, und er hörte es auch nicht ungern, als einmal im Kreise der Damen die begründete Ansicht ausgesprochen ward, daß des Uniformstückes hölzern langer Schnitt und die aufdringlichen Farben des bunten Tuches ihm schlecht genug zu Gesichte stünden, ja, daß ein braunsamtener Künstlerrock und ein loser Schlips ihn weit besser kleiden würden. Daß ihm trotzdem die Uniform weit mehr bedeutete, läßt sich teilweise durch die von der Mutter ererbte Beharrlichkeit erklären, die dem einmal Gewohnten unbewegt anzuhängen pflegte. Und manchmal schien es ihm selber, als dürfe es auch für ihn keine andere Haltung geben, obgleich er noch immer voller Groll gegen die Mutter war, welche sich damals den Bestimmungen Onkel Bernhards ohne Widerspruch untergeordnet hatte. Aber nun war es schon einmal geschehen, und wenn einer seit seinem zehnten Lebensjahrdarangewöhnt ist, eine Uniform zu tragen, dem ist das Kleid schon wie ein Nessushemd eingewachsen, und keiner, am allerwenigsten Joachim v.Pasenow, vermag dann noch anzugeben, wo die Grenze zwischen seinem Ich und der Uniform liegt. Und doch war es mehr als Gewohnheit. Denn wenn es auch nicht sein militärischer Beruf gewesen ist, der in ihn hineingewachsen war oder er in ihn, so war ihm die Uniform Symbol für mancherlei geworden; und er hatte sie im Laufe der Jahre mit so vielen Vorstellungen ausgefüttert und ausgepolstert, daß er, in ihr geborgen und abgeschlossen, sie nicht mehr hätte missen können, abgeschlossen gegen die Welt und gegen das Vaterhaus, in solcher Sicherheit und Geborgenheit sich bescheidend oder kaum mehr bemerkend, daß die Uniform ihm nur einen schmalen Streifen persönlicher und menschlicher Freiheit ließ, nicht breiter als der schmale Streifen der Stärkmanschette, den die Uniform den Offizieren gestattet. Er liebte es nicht, Zivil anzulegen, und es war ihm recht, daß ihn die Uniform von dem Besuche anrüchiger Lokale abhielt, in denen er den Zivilisten Bertrand in Begleitung lockerer Frauenzimmer vermutete. Denn oft überkam ihn unheimliche Angst, auch er könne in das unerklärliche Schicksal Bertrands hineingleiten. Deshalb verdachte er es auch seinem Vater, daß er ihn bei dem obligaten Bummel durch das Berliner Nachtleben, mit dem der Besuch in der Reichshauptstadt traditionsgemäß abgeschlossen wurde, begleiten und eben in Zivil begleiten mußte.

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