Читать книгу Die Schlafwandler онлайн

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So mochte Bertrand sprechen; aber wenn dies auch sicherlich nicht jedem Uniformträger bewußt wird, so mag immerhin feststehen, daß ein jeder, der viele Jahre die Uniform trägt, in ihr eine bessere Ordnung der Dinge findet als der Mensch, der bloß das Zivilgewand derNachtgegen das des Tages vertauscht. Gewiß braucht er über diese Dinge nicht eigens nachzudenken, denn eine richtige Uniform gibt ihrem Träger eine deutliche Abgrenzung seiner Person gegenüber der Umwelt; sie ist wie ein hartes Futteral, an dem Welt und Person scharf und deutlich aneinanderstoßen und voneinandersich unterscheiden; ist es ja der Uniform wahre Aufgabe, die Ordnung in der Welt zu zeigen und zu statuieren und das Verschwimmende und Verfließende des Lebens aufzuheben, so wie sie das Weichliche und Verschwimmende des Menschenkörpers verbirgt, seine Wäsche, seine Haut überdeckt, und der Posten auf Wache hat die weißen Handschuhe überzuziehen. So wird dem Mann, der des Morgens seine Uniform bis zum letzten Knopf geschlossen hat, tatsächlich eine zweite und dichtere Haut gegeben, und es ist, als ob er in sein eigentliches und festeres Leben zurückkehre. Abgeschlossen in seinem härteren Futteral, verschlossen mit Riemen und Klammern, beginnt er seines eigenen Untergewandes zu vergessen und die Unsicherheit des Lebens, ja das Leben selbst rückt fernab. Wenn er dann noch am untern Saume des Uniformrockes gezogen hat, damit er glatt und faltenlos über Brust und Rücken sich spanne, dann ist sogar das Kind, das der Mann doch liebt, ist die Frau, in deren Kuß er dieses Kind gezeugt hat, in so weite und Zivilistische Ferne gerückt, daß er den Mund, den sie zum Abschied ihm reicht, kaum mehr erkennt, und sein Heim wird zu etwas Fremdem, das man in Uniform nicht besuchen darf. Geht er dann in seiner Uniform zur Kaserne oder ins Amt, so ist es nicht Stolz, wenn er den anders Gekleideten übersieht; er kann bloß nicht mehr begreifen, daß unter dem anderen und barbarischen Kleide sich etwas befindet, das mit eigentlicher Menschheit, wie er sie an sich erlebt, auch nur das Geringste gemein haben könnte. Doch deshalb ist der Mann in der Uniform nicht blind geworden und auch nicht von blindem Vorurteil erfüllt, wie so oft angenommen wird; er ist noch immer ein Mensch wie du und ich, denkt an Essen und Beischlaf, liest auch seine Zeitung beim Frühstück; aber er ist mit den Dingen nicht mehr verbunden, und da sie ihn kaum mehr etwas angehen, vermag er jetzt, sie nach gut und böse zu unterscheiden, denn auf Unduldsamkeit und Unverständnis ist die Sicherheit des Lebens gegründet.

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