Читать книгу Das Dorf des Willkommens онлайн

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Ich habe immer gedacht, dass sich in einer Gesellschaft, in der die Menschen nicht gleich sind und Diskriminierung toleriert wird, um Privilegien zu erhalten, die Machtstellung der Herrschenden verfestigt. Wenn sich einige wenige jedoch auflehnen, kommt es nicht selten zur Rebellion. In unserer Region gibt es ein berühmtes Beispiel für eine solche Revolte, die ihren Ausgang in einer natürlichen Katastrophe nahm, der eine bürokratische folgte.


Corrado Stajano erzählt diese Geschichte in seinem 1977 erschienenen Buch »Africo«,18 einer hervorragenden Reportage für diejenigen, die das Süditalien der Nachkriegszeit besser verstehen wollen. Africo war ein armes, isoliertes Dorf im Aspromonte-Gebirge, bewohnt von Bauern und Schäfern, die ihr Leben ohne die Errungenschaften des modernen Lebens fristeten und weder fließendes Wasser noch elektrischen Strom hatten. Um in die »Zivilisation« zu gelangen, sprich die nächstgelegene Ortschaft Bova Marina, musste man einen Fußweg von 15 Kilometern durch unwegsames und abschüssiges Gelände zurücklegen, eine Entfernung, die auch symbolisch ist für die Distanz zwischen Africo und dem italienischen Staat. Immer wieder hatten Einwohner Alarm geschlagen, weil es weit und breit keine ärztliche Versorgung gab, mit oft tragischen Konsequenzen. Zu Beginn der 1950er-Jahre fanden eine hochschwangere Frau und ihr ungeborenes Kind auf dem Weg nach Bova Marina den Tod: Freunde und Verwandte hatten versucht, sie auf einer improvisierten Krankentrage zu einem Arzt zu bringen, doch die Frau starb nach wenigen Kilometern.

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