Читать книгу Entwicklungspädiatrie in der Interdisziplinären Frühförderung. Medizinische und therapeutische Grundlagen онлайн

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Findet zum Beispiel in den ersten Lebensjahren kein Kontakt mit Sprache statt, so ist ein vollständiges Erlernen von Sprache anschließend nicht mehr möglich, das Zeitfenster für diesen Bereich der Entwicklung ist dann für immer verschlossen. Ein weiteres wichtiges Beispiel ist die Sehentwicklung. Die Fähigkeit der Sehrinde (visueller Kortex) wird irreversibel beeinträchtigt, wenn in den ersten Lebensmonaten keine entsprechende Stimulierung erfolgt. Eine ähnliche Bedeutung erfährt das Thema des Schielens im (frühen) Kindesalter. Auch hier kann es zu bleibenden Sehstörungen (Amblyopie) bei intakten anatomischen Strukturen kommen, wenn eine notwendige Therapie (z. B. Brillenversorgung und/oder Okklusionsbehandlung) unterbleibt (Forsyth & Newton, 2012; Michaelis & Niemann, 2017).

Die Plastizität des Gehirns ist bei jungen Kindern besonders ausgeprägt, weshalb Hirnschädigungen im Vergleich zu Älteren deutlich besser kompensiert werden können. Neuronen (Nervenzellen) haben im Nervensystem verschiedene Funktionen und unterscheiden sich auch strukturell. Besonderes Interesse haben in den letzten Jahren die sogenannten Spiegelneurone erlangt. Dies sind Nervenzellen, die zunächst im Gehirn von Affen beschrieben und beim Betrachten eines Vorgangs das gleiche Aktivitätsmuster zeigten wie bei dessen eigener Ausführung. Auch beim Menschen gibt es mittlerweile Hinweise auf die Existenz dieser Neurone, die möglicherweise für bestimmte Verhaltensmuster, Imitation oder Empathiefähigkeit bedeutsam sein können. Zusammengenommen gibt es also vielfältige Belege, die auf eine Relevanz der genetischen, epigenetischen und neurobiologischen Befunde für die Hirnfunktion und Kindesentwicklung hinweisen (Redcay & Warnell, 2018; Niemann, 2019).


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