Читать книгу CHANGES. Berliner Festspiele 2012–2021. Formate, Digitalkultur, Identitätspolitik, Immersion, Nachhaltigkeit онлайн
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TO:Philippe, du hast ein besonderes Verständnis von den Dingen entwickelt – und nennst sie Quasi-Objekte. Einerseits existieren sie physisch und wirken passiv, andererseits entwickeln sie ein Eigenleben, sobald sie Teil des menschlichen Verhaltens werden, das sie stark beeinflussen. Mit dieser Dimension beschäftigt sich auch dein Text The Speaking Stone. Das Quasi-Objekt, zum Beispiel dieser Stein, den wir in der Ausstellung zeigen, entwickelt eine Sprache, weil es eine Art Skript im Verhalten der Menschen aktiviert. Wie zeigt sich das in deiner Ausstellung?
PP:Das Quasi-Objekt ist ein Konzept, das ich von dem französischen Philosophen Michel Serres übernommen habe, der in seinem Buch Der Parasit eine Quasi-Objekt-Theorie entwickelt, in der es keine Objekte und Subjekte gibt, sondern ausschließlich kontextbezogen jemand zum Subjekt durch ein Verhalten bestimmt wird. Ich fand es nützlich als eine Form der Terminologie, um zu definieren, was ein Objekt ist und wann es unvollständig ist. Man kann also sagen, dass ein Objekt nur dann vollständig ist, wenn es benutzt oder aktiviert wird. Ein einfaches Beispiel ist der Fußball: Wenn man 22 Leute auf einem Platz ohne Ball versammelt, hat man noch kein Spiel. Und ohne Spiel kann man auch vom Ball noch nicht als Objekt sprechen. Erst wenn man den Spieler*innen den Ball gibt und er zwischen ihnen hin- und herläuft, wird es ein Spiel. Der Ball bringt die Handlung als Produzent des Spiels voran – und indem er gespielt wird, wird er als Objekt definiert. Ein anspruchsvolleres Beispiel für Objekte und Rituale ist der Körper.