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«Nicht wahr?», sagte Zangger. Er war darauf gefasst gewesen, dass Seidenbast ihm einen Vorwurf machte. Dafür, dass er sich über einen aufregte, der wegen Problemen zu ihm kam. «Das finde ich auch.»

«Dann sags ihm.»

Und jetzt die kalte Dusche, dachte Zangger, ich hätte es wissen müssen. «Das liegt nicht drin», sagte er.

«Du traust dich nicht, heisst das.»

«Kann sein», gab Zangger zu.

«Vielleicht wäre es aber heilsam», gab Seidenbast zu bedenken. Er vertrat wie gewohnt die Ansicht, dass Wahrhaftigkeit die richtige Medizin sei. Dem Kunden reinen Wein einschenken, so lautete seine Devise, und die galt seiner Überzeugung nach auch für einen Psychiater.

Zangger hatte seinem Freund von den Knüttls erzählt, die zur Ehetherapie kamen und heute ihre vierte Sitzung gehabt hatten. Er hatte Seidenbast den Versicherungsagenten Knüttl beschrieben, der seine Frau auf eine perfide Art vor ihm demütigte. Herr Knüttl mimte den fürsorglichen Ehemann, der für die Schwierigkeiten seiner Frau Verständnis hatte und ihr ihre Schwächen nachsah. In Tat und Wahrheit schulmeisterte er sie ständig auf herablassende Weise. «Bitte sei ehrlich, Liebling», säuselte er, sobald sie etwas sagte, das ihm nicht passte. «C’est le ton qui fait la musique, weisst du», war sein Kommentar, als sie sich darüber beklagte, dass, was immer sie sage, seinen Ärger auslöse. «Es braucht immer zwei», belehrte er sie von oben herab, als sie ihm vorwarf, er breche bei jeder Gelegenheit einen Streit vom Zaun. Zangger war bemüht, eine einigermassen erträgliche Atmosphäre herzustellen. Er zog sämtliche Register. Umsonst. Zeigte er Verständnis für den ehelichen Konflikt, so verbat sich Herr Knüttl jede Gefühlsduselei. Blieb er sachlich und korrekt, so vermisste Herr Knüttl die Empathie in seinen Worten. Versuchte er es mit Humor, so verlangte Herr Knüttl ernst genommen zu werden. Machte er psychologische Überlegungen, so erklärte Herr Knüttl, damit könne er nichts anfangen. Nahm Zangger aber die Frau in Schutz, dann weiteten sich Frau Knüttls Augen vor Schreck: Ihm wurde klar, dass sie befürchtete, für seine Stellungnahme büssen zu müssen. Zangger vermutete, dass der Mann in den eigenen vier Wänden ein Tyrann war, dass er seine Frau vielleicht sogar schlug. Dass sie es aber niemandem zu sagen wagte.

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