Читать книгу Pellegrina. Eine italienische Radsportwallfahrt онлайн

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Ein Grab ist dazu da, dass Menschen es besuchen, genau wie ein Denkmal oder das Geburtshaus eines verstorbenen Künstlers. Jedes Jahr kommen Tausende nach Rom, nur um den nicht-katholischen Friedhof zu besuchen, auf dem Keats begraben liegt. Nie habe ich dabei irgendeine Art von Verlegenheit verspürt. Anders beim Besuch des Hauses von Basso. Vielleicht, weil dieses Haus gerade kein offizieller Wallfahrtsort ist. Es ist ein ganz normales Wohnhaus, in dem eine Familie lebt.

Aber vielleicht erhofft sich der Pilger, der schüchtern daran vorbeigeht, um einen Blick vom täglichen Leben der Bewohner zu erhaschen, gerade diese Art von Bestätigung. Die Bestätigung, dass sein Idol in derselben Wirklichkeit lebt wie er selbst, in keiner anderen Zeit, keinem anderen Raum – dass sein Idol genauso menschlich ist wie er selbst. Nur die Kenntnis der konkreten Lebensumgebung des Idols kann das Gefühl der Unerreichbarkeit ein bisschen relativieren.

Ein Radsport-Pilger fühlt sich nirgends auf der Welt so zu Hause wie in Italien. Es ist das Land der Hingabe, der bedingungslosen Liebe zu seinen Rennfahrern und vor allem auch zu seiner großen Landesrundfahrt. Denn auch als es den Giro noch gar nicht gab, als er erst ein Hirngespinst der Zeitung La Gazzetta dello Sport war, die ihn organisieren wollte, war er schon das Wunschkind der ganzen italienischen Nation. Seine Ankündigung im Jahr 1908 war der reine Bluff, aber das erwies sich als völlig problemlos: Halb Italien meldete sich, um einen Beitrag zu leisten und mitzuhelfen, bis hin zum Konkurrenzblatt der Gazzetta, dem Corriere della Sera.

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