Читать книгу Pellegrina. Eine italienische Radsportwallfahrt онлайн

14 страница из 51

Wo auch immer der Giro hinkommt, wird er bis heute wie das lang ersehnte Kind in Empfang genommen, das 1909 endlich das Licht der Welt erblickte. Das Giro-Peloton ruft bei den italienischen Radsportfans Gefühle wach, die der religiösen Verzückung, mit denen sich die Leute zu Ostern auf dem Petersplatz nach vorne drängeln, in nichts nachstehen. Radsportfans reißen sich um eine weggeworfene Trinkflasche wie Gläubige um eine Hostie aus der Hand des Papstes.

Es ist die Fantasie, die der Wallfahrt ihren Wert verleiht und den Radsportliebhaber zum Romantiker werden lässt. Wo normale Menschen im Fernsehen eine Gruppe von Männern sehen, die quälend langsam auf ihren Rädern durch die Ebene und durchs Hochgebirge vorankriechen, sieht der Radsportfanatiker Helden, die mit jedem Tritt in die Pedale Geschichte schreiben. Jedes Rennen, jede Etappe zeugt für ihn erneut von unbeschreiblichem Leiden, von übermenschlichen Leistungen und von Heldenmut.

Und wer als pellegrina, als Pilgerin, durch Italien zieht, um auf Dorfplätzen, an Kreuzungen oder in irgendeinem Gewerbegebiet die Geschichten aufzustöbern, die dort vor sich hin schlummern, lernt dabei auch noch das Land kennen. Ganz von selbst. In all seiner Pracht und Hässlichkeit.

Правообладателям