Читать книгу Gesammelte Aufsätze zur romanischen Philologie – Studienausgabe. Herausgegeben und ergänzt um Aufsätze, Primärbibliographie und Nachwort von Matthias Bormuth und Martin Vialon онлайн

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Für das Versprechen des Königs, dem Bischof seine Gunst wieder zu schenken, hatte der französische Bearbeiter eine Quelle; es steht in einer Variante der Ursinusvita, die die Bollandisten in ihrer Ausgabe nicht berücksichtigt haben (G. ParisParis, G., loc. cit. p. 300). Ob er auch für die trotzige Haltung des Bischofs ein Zeugnis besaß, ist mit Sicherheit nicht mehr festzustellen; wahrscheinlich ist es nicht, und jedenfalls ist es bemerkenswert, wie stark er diesen Vorgang betont hat. Ganz im Gegensatz zu seiner vorherigen Furcht kehrt Leodegar im Bewußtsein seiner Unschuld zurück, sobald er die ihm nachsetzenden Boten sieht, und hält seine trotzige Rede vor dem König. Das ist, ohne jede Begründung, wenig glaublich; der Verfasser hätte, um es einsichtig zu machen, irgendwelche äußeren oder inneren Entwicklungen berichten müssen, aus denen die völlig veränderte Lage zwischen König und Bischof sich verstehen ließe. Aber zu solchen Begründungen war er unfähig, und sein Publikum vermißte sie nicht. Ist ja doch noch ein modernes Filmpublikum in dieser Hinsicht sehr anspruchslos. Aber, wie schlecht die Szene auch begründet ist, sie ist sehr eindrucksvoll: ein Auftritt, der sich der Einbildungskraft und dem Gedächtnis eingräbt, in direkter Rede scharf formuliert, Haltung und Geste suggerierend. Daß sehr wahrscheinlich Modellvorstellungen (etwa Nathan vor König David) zugrunde liegen, macht keinen Unterschied. Hier sieht man, was die Vulgärsprache schon leisten konnte: ein eindringliches Einzelbild, schwach begründet, aber scharf einen exemplarischen Augenblick festhaltend. Man findet schon ein ähnliches Stilbild in der EulaliasequenzEulaliasequenz, wo noch viel krasser als im LeodegarliedLeodegarlied die Zusammenordnung der Ereignisse ganz schematisch ist, die Haltung der Märtyrerin aber gestenhafte Eindringlichkeit besitzt.

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