Читать книгу Gesammelte Aufsätze zur romanischen Philologie – Studienausgabe. Herausgegeben und ergänzt um Aufsätze, Primärbibliographie und Nachwort von Matthias Bormuth und Martin Vialon онлайн

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Wohl aber mußten die Brüder in der Welt leben. Das Eremitentum und die wohlbehütete, aristokratische Kontemplation war nicht die Absicht des Stifters; sondern die Nachfolge Christi mitten im saeculum, die Unterordnung und der Dienst an der Kreatur. Das Unrechtleiden war ihre eigentliche Aufgabe; «auch wenn sie dich schlagen, nimm es als Gnade und wolle es so und nicht anders; denn ich weiß ganz gewiß, dies ist der wahre Gehorsam … und liebe die, welche dir so tun … und wünsche nicht, daß sie bessere Christen seien. Und dies sei dir mehr als das Eremitorium …».5 Mitten in der Welt konnte das nur geschehen; überallhin kamen die Brüder, bettelnd, bußpredigend, die Elendesten der Kranken pflegend. So erreichten sie von Anfang an einen Grad von Öffentlichkeit und Verquickung mit dem täglichen Leben des Volkes, wie keine ähnliche Einrichtung je zuvor. Man bemerke aber, daß der Heilige seine Brüder überallhin sandte – nicht etwa zu den Ungläubigen insbesondere. Heidenbekehrung und Martyrium, diese heroischen Grundtatsachen des kämpfenden Christentums, spielen in der franziskanischen Bewegung keine bedeutende Rolle. Zwar erlitten einige der ersten Brüder den Tod bei den Sarazenen, zwar sehnte sich auch der Stifter nach solchem Schicksal – doch es ist nicht eigentlich Ziel und Aufgabe des Ordens. Wer zu den Ungläubigen gehen will, soll seinen Minister um Erlaubnis bitten, und der gestatte es ihm nur,6 wenn er ihn für geeignet hält – denn der MinoritMinoriten ist nicht um des Ruhmes willen da, nicht wegen des eklatanten, tragischen Heldenmutes, sondern für das tägliche Leben, wo es Gott gefällt, ihn hinzustellen; sein Heldenmut ist Unterwerfung unter die Kreatur.7

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