Читать книгу "... es ist ein zu starker Contrast mit meinem Inneren!". Clara Schumann, Johannes Brahms und das moderne Musikleben онлайн

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An sich wären sie zusammen mit Joachim für Liszt die geeigneten Gesinnungsgenossen gewesen. Doch ästhetisch trennten diese so unterschiedlichen Künstlertemperamente letzten Endes Welten. Ermuntert von Carolyne zu Sayn-Wittgenstein begann Franz Liszt in Weimar damit, vage Ideen zu großen sinfonischen und geistlichen Werken auszuarbeiten. Dabei erschien ihm die »sinfonische Dichtung« am ehesten geeignet. Seine caesarische Sinfonik, die sich mit monolithischen Werkungetümen in Themenkompositionen wie einer Faust- und einer Dante-Sinfonie sowie Prometheus, Mazeppa und Orpheus manifestierte, inspirierte einen Komponisten wie Felix Draeseke 1860 sogar zu einer gewaltigen Tondichtung mit dem Titel Julius Cäsar. Brahms stellte Werken dieser Art im Laufe seines Lebens eine von der Philosophie und Literatur der Antike inspirierte »panta rhei«-Dramaturgie gegenüber: Alles fließt, oder wie Platon es in dem Dialog Kratylos (402a) umriss, »alles fließt und nichts bleibt; es gibt nur ein ewiges Werden und Wandeln«. Im achten Lied seines Opus 57 vertonte Brahms die für ihn programmatischen Zeilen »in den Adern quillt / Leben und verlangt nach Leben« – auch in seiner Musik pulsiert alles und wird mit unablässigen Bewegungsimpulsen lebendig erhalten. Nach diesen Prinzipien gestaltete er die Themenwahl und -verarbeitung in allen seinen Werken, in denen es nur die Dinge an sich gibt – Variationen aller Art, Ouvertüren zu den Themen Fest und Tragik, Vokalwerke über Liebe, Schicksal, Triumph und Tod –, dazu viel Humor und Drama, aber nie hohles Pathos. Brahms bevorzugte eine Kunst, die Clara Schumann einmal als »hübsche, fließende Musik« charakterisierte.60 In einem Brief an Joachim beschrieb er in seiner Stellungnahme zu dessen neuer Konzertouvertüre einmal seine Vorstellungen damit, dass Musik nicht »schwerfällig« sein dürfe, sondern man »so Schlankes, schön Gegliedertes« schreiben solle, denn: »Muß man nicht dahin kommen, auch das Tiefsinnigste schön und dem künstlerischen Ohr angenehm auszusprechen?«61

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