Читать книгу "... es ist ein zu starker Contrast mit meinem Inneren!". Clara Schumann, Johannes Brahms und das moderne Musikleben онлайн

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Anstatt für die Blaublütigen wurde die Kunst nun für den Geldadel zunehmend zum schmückenden Beiwerk, bei dem alles vom staatstragenden Auftrumpfen bis hin zur Hofnarrenfunktion und charmanten Enfant-terrible-Provokationen goutiert wurde. Hoffmanns Kreisler-Figur mutierte zum Modell des wie besessen Schaffenden: »Zuweilen komponirte er zur Nachtzeit in der aufgeregtesten Stimmung; – er weckte den Freund, der neben ihm wohnte, um ihm alles in der höchsten Begeisterung vorzuspielen, was er in unglaublicher Schnelle aufgeschrieben – er vergoß Thränen der Freude über das gelungene Werk – er pries sich selbst als den glücklichsten Menschen, aber den andern Tag – lag die herrliche Komposition im Feuer.«93 Das Kunstwerk sollte perfekt werden, nicht der Erfolg, den man damit errang. Die Schumanns und Johannes Brahms schätzten auch die Malerei und kannten einige Künstler persönlich. Dabei konnten sie beobachten, dass es in anderen Kunstbereichen ähnliche Konflikte gab: Viele Literaten, Maler und Musiker setzten Bürger mit Philistern gleich und erklärten ›Bourgeoisie‹ zum Schimpfwort. »Drei Dinge entehren den Schriftsteller«, soll Guy de Maupassant gesagt haben: »La Revue des deux mondes, die Légion d’honneur und die Académie française.«94 Selbst ein Mustermusikus wie Kreisler war abhängig von einem ihm wohlgesonnenen Publikum – ebenso wie eine Clara Schumann und ein Johannes Brahms. Clara katapultierte sich nach einem ausgeklügelten Reiseplan mit den schnellstmöglichen Verkehrsverbindungen nicht nur durch deutschsprachige Lande und gab allein 1853 – in dem Jahr, als sie Johannes kennenlernte – Konzerte in Barmen, Köln, Bonn, Düsseldorf, Utrecht, Den Haag, Rotterdam und Amsterdam. All dies tat sie in dem ständigen Bewusstsein, nicht verstanden zu werden. »Ich spielte nicht frisch«, urteilte sie einmal nach Auftritten, »die Leute fanden es aber herrlich; wie wenig verstehen die Menschen einen feineren Unterschied.«95 Das Präsentieren großartiger Musik machte Clara »doch Freude«, wenn sie auch – nach eigenem Bekunden – »sonst ziemlich gleichgültig gegen Publikum« war.96

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