Читать книгу "... es ist ein zu starker Contrast mit meinem Inneren!". Clara Schumann, Johannes Brahms und das moderne Musikleben онлайн

85 страница из 99

Johannes schockierten ihre depressiven Zusammenbrüche. »Liebe Clara, Du mußt ernstlich danach trachten und dafür sorgen, daß Deine trübe Stimmung nicht alles Maß überschreite und nicht ohne Aufhören sei«, mahnte er sie. »Das Leben ist kostbar; gewaltig zerstört solche Geistesstimmung den Körper. Rede Dir nicht ein, daß Dir das Leben wenig wert sei. Das ist nicht wahr, das ist bei ganz wenigen Menschen wahr. Gibst Du Dich ganz solcher Stimmung hin, so genießest Du auch frohere Zeiten nicht, wie Du könntest.«205

Der Ton, den Johannes anschlug, war jener, den nur engste, liebende Vertraute wagen dürfen. »Nimm dies nicht leicht, es ist sehr ernst«, mahnte er sie bei schweren depressiven Anfällen. »Der Körper und die Seele wird verdorben durch solches Nachhängen einer trüben Stimmung, die man durchaus mehr bewältigen oder nicht aufkommen zu lassen braucht. Es ist, als ob man seinem Leib die ungesundesten Speisen zumuten wollte und sich damit trösten wollte, daß man im Sommer die Milchkur gebraucht. Der Körper mag sich für kurze Zeit etwas erholen, aber ist verdorben und geht rasch zugrunde. Solche ungesunde Seelenspeise, wie der immerwährende Trübsinn, verdirbt den Körper und die Seele wie die ärgste Pest. Du mußt Dich ernstlich ändern, meine liebe Clara.« Der Freund mahnte »gleichmütiger (gleichmäßiger)« zu werden, denn »Leidenschaften« seien nichts Natürliches, sondern »immer Ausnahme«: »Bei wem sie das Maß überschreiten, der muß sich als Kranken betrachten und durch Arznei für sein Leben und das seiner Gesundheit sorgen«. Clara muss Johannes stark vertraut haben. Sie ließ zu, dass er ihre absoluten Tiefpunkte miterlebte. Kaum jemand hätte sich sonst getraut, sie zu mahnen: »Betrachte Dich als Kranke, liebe Clara, als ernstlich Kranke, und sorge für Dich, nicht ängstlich, sondern ruhig und immerwährend.« Wenn Leidenschaften nicht bald vergehen, bestand Johannes’ eigenes Rezept darin, sie zu »vertreiben«, wie er auch ihr riet, denn: »Ruhig in der Freude und ruhig im Schmerz und Kummer ist der schöne, wahrhafte Mensch.«206

Правообладателям