Читать книгу Thomas Dekker. Unter Profis онлайн

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Das Mädchen, das ich auswähle, ist eigentlich eher eine Frau. Sie ist vielleicht vierzig, blond, und sie ist nett zu mir. In dem Moment sehe ich keine tiefere Bedeutung darin, dass ich eine Frau aussuche, die zwanzig Jahre älter ist als ich, aber im Nachhinein erscheint es logisch: Ich stehe auf ältere Frauen. Wir schwimmen zunächst für eine halbe Stunde, dann gehen wir auf ihr Zimmer. Als wir fertig sind, gehe ich nach unten. In der Bar warten die anderen Fahrer schon auf mich. Wir zahlen und fahren zurück zum Hotel. Am nächsten Morgen brettern wir wieder mit dem Mountainbike über schlammige Waldwege.

Der Winter vor meiner ersten Profi-Saison ist eine einzige Serie von Trainingslagern. Zwischen den Trainingslagern mit dem Team fliege ich auf eigene Faust nach Mallorca. Ich trainiere mir den Buckel krumm, jeden Tag aufs Neue. Ich absolviere Trainingswochen von 35 oder 40 Stunden im Sattel. Ich brenne vor Ehrgeiz, ich will mich vom allerersten Rennen an beweisen.

In den Trainingslagern mit Rabobank in Spanien bin ich einer der Besten. Bei den Tests am Col de Rates hänge ich alle anderen ab. Aber ich will mich auch abends und nachts nicht lumpen lassen: Wenn gesoffen wird, bin ich dabei. Ich lebe von einem Extrem ins andere; aber ich merke, dass ich beim Alkohol nicht ganz so extrem bin wie beim Radfahren. Ich trinke jetzt auch mal einen Wein, aber in der Regel ziehe ich süße Mixgetränke vor. Wir gehen in zwielichtige spanische Bars – im Sommer platzen solche Läden aus allen Nähten, die Leute hängen einander so eng auf der Pelle wie Sardinen in der Konservenbüchse, aber im Winter verirren sich nur wenige Menschen hierher: einige Radrennfahrer in Trainingsanzügen und ein paar Betrunkene. Wir kippen uns einen hinter die Binde, wir lallen dummes Zeug, wir werden auf die Straße gesetzt, weil wir uns daneben benehmen, wir kotzen an Bushaltestellen und stolpern schwankend zurück zum Hotel. Im Training aber wird knüppelhart gefahren, vor allem von den Fahrern, die am meisten trinken. Niemand will den anderen in etwas nachstehen; wie hart du im Nehmen bist, wird daran gemessen, wie schnell du fährst und wie viel du verträgst. Selbst mit einem heftigen Kater stehst du um Punkt zehn Uhr bereit, startklar fürs Training. Niemand kommt zu spät. Außer Óscar Freire. Aber der kommt gewohnheitsmäßig immer und überall zu spät.

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