Читать книгу Kunst des Lebens, Kunst des Sterbens. Wie wir den Traum von Ich und Welt mit Achtsamkeit, Mitempfinden und offenem Gewahrsein meistern und befreiende Luzidität erlangen können онлайн
45 страница из 141
Viele sind auch von den althergebrachten Religionen enttäuscht, in die sie hineingeboren wurden – teils, weil deren Vertreter ihren hohen Idealen im Lauf der Geschichte selbst nicht immer folgten, teils, weil ihre Lehren über Gott und die Welt einem weiterentwickelten Verstand keine befriedigenden Antworten geben konnten. Wo es nicht gestattet war, Glaubensinhalte denkerisch und experimentell zu überprüfen, haben sich viele vom Glauben abgewandt und ihr gläubiges Vertrauen und ihre Hoffnung in menschliches Denken und Erfassen gesetzt. Die den gesellschaftlichen und medialen Diskurs immer noch dominierende Wissenschaftsgläubigkeit, gepaart mit einer populär-positivistischen, »aufgeklärten« Sichtweise, hat – egal, ob in kapitalistischer, sozialistischer oder kommunistischer Ausformung – alles Transzendente und Nichtwägbare und alle den materialistischen Rahmen sprengende spirituelle, übersinnliche Erfahrung als naiv, überholt, dumm oder sogar als pathologisch diskreditiert und immer mehr entwertet. Was im Christentum und Buddhismus als die Hauptfaktoren eines heilsamen, selbstlosen und nachhaltigen Handelns gelehrt wurde, die christlichen Grundtugenden und »die die Welt transzendierenden Tugenden«, die »Paramitas«, scheint vielen nun, wenn sie überhaupt noch darüber nachdenken, als beliebig ausgedacht und eine Vorstellung von vielen.