Читать книгу Kulturtheorie. Einführung in Schlüsseltexte der Kulturwissenschaften онлайн

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Immerhin macht dieser Exkurs eines sinnfällig: dass nämlich beide Begriffe, Kultur und ZivilisationZivilisation, einen höchst normativennormativ Charakter haben. Sie teilen die Menschheit – wenigstens aus der Perspektive jener, die für sich eine besonders ‚hohe‘ Kultur respektive Zivilisation reklamieren – in zwei KlassenKlasse von Menschen: in solche, die Kultur haben, die also kultiviert sind, und in solche, die unkultiviert sind bzw. ‚nur‘ Zivilisation haben. Aber auch der Begriff der Zivilisation wirkt ähnlich diskriminierend, wenn er Zivilisierte und Unzivilisierte als zwei Gruppen von Menschen unterscheidet.

Kultur ist also keineswegs arg- und harmlos, sondern – und das wusste auch schon die Kritische TheorieKritische Theorie – im höchsten Maß konstitutiv für die Etablierung von DiskriminierungDiskriminierung und HerrschaftHerrschaft. Oder um bei der etymologischen Bedeutung des Wortes zu bleiben: Diskriminierung heißt zunächst Unterscheidung, aber diese Unterscheidung impliziert im nächsten Schritt, was wir als Diskriminierung bezeichnen. Kulturen auf allen Ebenen ist es inhärent, dass sie Rangordnungen etablieren. Das hängt damit zusammen, dass es sich bei Kultur um keinen rein deskriptiven oder analytischen, sondern um einen im höchsten Grad normativennormativ Begriff handelt. Wertung und Abwertung des/der AnderenAndere(r), der, die, das bedingen einander. Wer weniger kultiviert ist, der kann nur geringe Ansprüche geltend machen. In Gestalt des Rückständigen, Wilden, Barbaren wird er zum ObjektObjekt der Zivilisierung bzw. Kultivierung. Die Formel von der Bürde des weißen Mannes, die der englische Schriftsteller und Indien-Reisende Rudyard Kipling zum geflügelten Wort gemacht hat, gehört ebenso zu dieser selbstverständlich eingenommenen Herrenpose, wie die Äußerung des damaligen Premierministers Tony Blair vor dem 2. Irakkrieg, man dürfe den Irakern nicht die Errungenschaften modernerModerne, modern, -moderne westlicher DemokratieDemokratie, demokratisch vorenthalten.

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