Читать книгу Kulturtheorie. Einführung in Schlüsseltexte der Kulturwissenschaften онлайн

90 страница из 233

Die Kultur ist aber nicht nur vom Übermaß unseres maßlosen Glücksverlangens und der Sehnsucht nach Zweisamkeit bedroht, in der die Libido einen einigermaßen ungestörten Auftritt hat, vielmehr sieht sie sich – so das düstere Finale von FreudsFreud, Sigmund kulturkritischer Schrift – einer weiteren, womöglich noch dramatischeren Gefährdung gegenüber. Bekanntlich hat FreudFreud, Sigmund im Gefolge des Ersten Weltkriegs sein monistisches System durch ein dualistisches System ersetzt, in dem die Libido, das Glücksverlangen, nunmehr einen dramatischen Gegenspieler erhielt: den Aggressions- und Todestrieb. Diese Modifikation der eigenen Auffassungen, wie sie FreudFreud, Sigmund in Jenseits des Lustprinzips vorgenommen hat, muss auch Folgen für eine psychoanalytische Theorie der Kultur haben.

Kultur bedeutet auch eine Besänftigung und Funktionalisierung des neben dem Lustprinzip wichtigsten menschlichen Triebs, der Neigung des Menschen zur Aggression. Die Kultur muss also nicht nur die SexualitätSexualität mit all ihren anarchischen, anti-gesellschaftlichenGesellschaft, gesellschaftlich Impulsen, sondern auch die Aggression in Schach halten. Expressis verbis kritisiert FreudFreud, Sigmund den KommunismusKommunismus, weil dieser die Neigung des Menschen zur Aggression negiere. Demgegenüber beharrt die Schrift auf die Unhintergehbarkeit des menschlichen Aggressionstriebs, dessen Anwesenheit in der Kultur für den genauen Beobachter nicht zu übersehen ist. Um die Aggression von der eigenen Kultur abzulenken, stellt es einen weit verbreiteten Mechanismus dar, die innere Aggression nach außen zu richten.

Правообладателям