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Die Kultur bewältigt also die gefährliche Aggressionslust des IndividuumsIndividuum, indem sie es schwächt, entwaffnet und durch eine Instanz in seinem Inneren, wie durch eine Besatzung in der eroberten Stadt, überwachen lässt.41

Diese Instanz ist das vom gestrengen Über-Ich ins IndividuumIndividuum eingepflanzte SchuldbewusstseinSchuldbewusstsein. Wie schon bei der SexualitätSexualität dominieren hier die MetaphernMetapher von Krieg und Unterdrückung. Wie FreudFreud, Sigmund deutlich macht, gelingt es der Kultur niemals vollständig, diese Kontrolle über Lustprinzip und Aggressionslust auszuüben. Zugleich aber wird der immense Preis sichtbar, den die kulturelle Bearbeitung kostet. Das Unbehagen in der Kultur ist so ein unvermeidlicher Aspekt in der Kultur selbst, ihr nichts Äußerliches.

Die Gedankenfigur, die FreudFreud, Sigmund in diesem Text entwickelt, hat durch die globalenGlobalisierung, global Ereignisse der Corona-Pandemie 2020/2021 eine überraschende Aktualität erfahren. Denn die Konflikte, denen sich gerade demokratischeDemokratie, demokratisch Kulturen gegenübersehen, hängen damit zusammen, dass sie, wie von den Bürgerinnen und Bürgern auch erwartet, Sicherheit und Schutz durch entsprechende Maßnahmen herzustellen versuchen, die wiederum die Freiheit der Menschen eklatant, wenn auch im Rahmen bestehender Gesetzgebung einschränken. Dieser Tausch, Sicherheit gegen Einschränkung, wird nicht von allen akzeptiert. Jene, die dagegen protestieren, haben dieses Unbehagen zwar nicht erfunden, machen es aber durch ihre Verweigerung des ‚Deals‘, die in diesem Fall auch eine der ReflexionReflexion ist, manifest. Interessant ist, wie dieses Unbehagen, das etwa zu Anfang von ‚linken‘ Philosophen wie Giorgio Agamben formuliert wurde, in den meisten Ländern ganz weit nach Rechts gewandert ist, wie die sogenannten Anti-Corona-Demonstrationen sinnfällig gemacht haben. Insofern wirft die Corona-Krise ein scharfes Licht auf unsere modernenModerne, modern, -moderne Kulturen und zugleich auf die Hellsichtigkeit von FreudsFreud, Sigmund ambivalenter Analyse.

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