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Frau und Tochter schwankten zwischen Verzweiflung und Zweifel, Unglauben, Zuversicht und Ratlosigkeit. Nichts konnte er tun, er begriff, dass der Albtraum jeden Morgen erneut beginnen würde. Selbst der uner­schütterliche Optimismus der Ärzte zeigte Risse, immer öfter besprachen sie sich bei der Visite so, dass er kein Wort verstehen konnte. Sie ordneten neue oder ergänzende Untersuchungen an, Elektroenzephalogramm, Com­putertomografie, prüften seine Verarbeitung von Reizen, während er Bilder eines unbekannten Hauses und von fremden Leuten betrachten musste. Natürlich löste das keine emotionalen Reize in seinem Gehirn aus, wie sollte es auch.

Man meinte etwas hilflos, dass die Wissenschaft seinen Zustand sehr wohl einzuordnen und zu benennen wisse, nämlich retrograder, das heiße rückwirkender ­Gedächtnisverlust, ausschließliche Störung des episodisch-autobiografischen Gedächtnisses, normale Funktion der Gedächtnissysteme für Motorik, Priming, Per­zep­­­tion, Semantik. Kurz, mit Ausnahme der persönlichen Erinnerungen funktionierte sein Gedächtnis einwandfrei, er wusste, wie Geräte zu bedienen waren, kannte be­lang­lose Jahreszahlen, die Namen von unwichtigen Politikern und konnte auf Bildern Schädlinge korrekt bezeichnen. Man könne sich medizinisch jedoch nicht plausibel erklä­ren, weshalb seine nur mittelschwere und mittlerweile wieder ausgeheilte Gehirnerschütterung die anhaltende Amnesie induziere. Eine allfällige psychogene Ursache werde nicht mehr ausgeschlossen.

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