Читать книгу Beichte in der Nacht. und andere Geschichten von der Liebe онлайн
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Die Geschichte mit den Bratwürsten ist noch nicht fertig. Im Gegenteil, sie schließt das Musikfest ab. Drei Vorstellungen wurden gegeben, der Andrang des Publikums war groß. Es sollte, so beschloss das Komitee, noch eine vierte gegeben werden. Fräulein Varnhagen verlangte für diese vierte eine Gratifikation von fünfzig Franken. Keine große Summe, wird man sagen. Aber das Komitee lehnte ab. Es wird gespielt, verkündigte es durch den Mund des Fahnderwachtmeisters, der als Polizist die Staatsgewalt repräsentierte. Nun war aber Elisabeth Varnhagen in ihrem Recht, denn sie war nur zu drei Vorstellungen verpflichtet. Sie klagte der Truppe ihr Leid. Am meisten regte sich der Arbeiterturnverein auf. Es waren alle zehn große, feste Burschen. Einige konnten boxen, andere waren Schwinger. Nur mit dem Reden haperte es. Aber sie wussten, was Organisation ist. Mit ein wenig Verachtung erklärten sie den klassenunbewussten Geschöpfen, den Studenten, Bureaufräuleins und Ingenieuren, dass es Streiks gäbe … Sie würden einfach alle nicht auftreten, wenn Elisabeth nicht die fünfzig Franken bekäme. Und für alle ein Nachtessen, aber zünftig. Zwei Bratwürste für jeden. Sonst sei nichts zu machen. Der Gott des Handels wurde eine halbe Stunde vor der Vorstellung zum Versicherungsagenten geschickt. So und so, kein Mensch trete auf, wenn nicht schriftlich erklärt werde, dass Fräulein Varnhagen die fünfzig Franken bekäme … Der Dichter Kehrli war mitgegangen. Er vertrat die Interessen des Proletariats und verlangte die Bratwürste. Dies wurde ihm übelgenommen. Er war ein Renegat, und der Wachtmeister Brügger, der hinzugekommen war, hielt mit seiner Meinung nicht zurück. Er werde dem Gemeindepräsidenten schon erzählen, was sein Schreiber für ein Bürschli sei, mit einem hergelaufenen Frauenzimmer karessieren, das könne ihm so passen … Der Dichter Kehrli verbat sich derartige Insinuationen. Aber selbst Fremdworte machen eine verfahrene Sache nicht besser. Kehrli strich die Segel. Er konnte sich nicht vorstellen, wie er eine Frau erhalten könne ohne die dreihundert Franken, die er als Gemeindeschreiber bekam …