Читать книгу Zehn unbekümmerte Anarchistinnen. Roman онлайн

4 страница из 41

Nur dass die anderen jetzt nicht mehr da sind, nicht einmal Mathilde. Wir, Valentine, die letzte der zehn Emi­grantinnen, müssen uns allein an die Arbeit machen, müssen berichten, ohne dabei allzu sehr in anarchistische Propaganda zu verfallen. Zum Glück haben wir das grüne Heft aufbewahrt, in das wir Originalsätze notiert, Zeitungsausschnitte geklebt oder Auszüge aus Briefen von Mathildes Freund, dem schönen Benjamin, übertragen haben. Wir werden dieses Material verwenden und es jeweils in Anführungszeichen setzen. Es soll als Beweis für die Wahrhaftigkeit unserer Abenteuer dienen. Ansonsten stützen wir uns auf unser Gedächtnis und ändern ein paar Namen, damit alles sich liest wie ein Roman.

Montevideo, 2. Juni 1910

ERSTES KAPITEL

in dem VALENTINE in der Rolle der ­Berichterstatterin von den Ereignissen im Jahre 1851 in einem Uhrmacherdorf erzählt, als ein israelitischer Arzt von der Regierung ­verjagt, aber von den Dorfbewohnern verteidigt wurde.

Früh weckte uns das Geräusch der Schaufeln, die vor den Türen den Schnee fortschippten und die Wege bis zur Straße freiräumten, wo der Spitzpflug vorbeikommen würde. Die ganze Nacht hatte es auf das Tal und seine Dörfer geschneit. Die Väter und großen Brüder arbeiteten hart, während wir Mädchen hinter den Fenstern unserer Häuser zuschauten, wie die Dampfwolken aus ihren Mündern aufstiegen. Eine dicke Schneeschicht hatte die Formen der Landschaft weich gezeichnet, auch die Buchsbaumhecken des Gemüsegartens, die Trocken­steinmauern, die Tannenzweige, die einen hübschen Schwung bekommen hatten. Wir zogen unsere Sonntagskleider an, um unsere Eltern zum Gottesdienst zu begleiten. Sobald die Straße frei wäre, würde Vater Grimm mit Valentine und ihrer großen Schwester Blandine zu Fuß losgehen. Valentine war damals sechs, Blandine acht Jahre alt.

Правообладателям