Читать книгу Friedrich Glauser. Erinnerungen онлайн
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Er schien mir jedoch nicht das mindeste Geltungsbedürfnis zu haben. Ich glaube sogar, es fehlte ihm etwas an natürlichem Selbstbewusstsein. Er wusste oder dachte nicht daran, dass er etwas konnte. Damit will ich nicht sagen, dass er mir den Eindruck eines Menschen machte, der sich etwa «minderwertig» fühlt, dies keineswegs, aber was mir so gefiel an Clauser, es lag ihm mehr daran zu leben als zu schreiben. Er nahm in Unbefangenheit und gierig das Leben auf, ohne an die literarische Verwertung zu denken. Er schrieb wie zum Spiel, zum Zeitvertreib, so nebenbei.
Er war – ich glaube auf Antrag seines Vaters – in psychiatrischer Behandlung. Der Arzt wusste nichts Rechtes mit ihm anzufangen und war froh, als wir (also mein Mann und ich) Clauser mit in den Tessin nahmen. Es hieß, er bedürfe der Aufsicht, doch war es nötig oder erwünscht, dass er sich in einer Gesellschaft befand, in der er sich auch geistig wirklich wohl fühlen konnte. Nun weiß ich nicht, sehr geehrter Herr Doktor, ob dies alles Sie interessiert und ob Sie es zur Beurteilung von Clauser bedenken oder irgendwie verwerten können. Er galt damals bei manchen und auch vom Arzt aus gesehen als Psychopath. Er muss wohl ein besonders schweres Jugenderlebnis gehabt haben, seine Haltlosigkeit schien darauf hinzudeuten, die wieder seltsam zu seiner starken Begabung kontrastierte. Er selbst klagte mir – dies im Vertrauen gesagt –, er leide an Kleptomanie. Ich suchte das ein bisschen leicht zu nehmen und sagte: «Ach, ich dachte gar nicht, dass man an so etwas leiden kann. Es ist sehr die Frage, ob Sie sich das bei mir werden abgewöhnen können, vorausgesetzt, dass Sie es wünschen.»