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Sie werden fragen, ob wirklich ein so großer Unterschied besteht zwischen der heutigen Generation und der unsern. Gewiss, der Unterschied war da. Für wen wurden damals die Landerziehungsheime gegründet? Für (wie man heute sagen würde) die schwererziehbaren Kinder des wohlhabenden Mittelstandes. Aber ein Trugschluss lief mit unter: Gewiss, wertvolle Menschen sind in der Jugend manchmal die störrischsten, die am schwersten zu leitenden. Aber das Reziproke braucht nicht wahr zu sein. Nicht jeder Schwererziehbare ist ein Genie oder ein Talent. Setzen Sie Unkraut ins Treibhaus, es wird wachsen und gedeihen – aber es wird keine Orchidee daraus, sondern eben nur Katzenschwanz. Die Milieutheorie, nach der die Umwelt, in der ein Mensch aufwächst, bestimmenden Einfluss auf seinen Charakter ausübt, hat mir von jeher Misstrauen eingeflößt. Und die Landerziehungsheime trieben Individualpädagogik, sie trieben sie mit einer derartigen Begeisterung, dass ein Fehlschlag nicht ausbleiben konnte. Denn schließlich ist und bleibt der Mensch doch ein Herdentier und hat sich als solches der Herde anzupassen. Einzelgänger werden geächtet, verfolgt, bei den Elefanten genau wie bei den Menschen. Aber wir wurden eigentlich zu Einzelgängern erzogen, jeder von uns hatte seine dilettantische Marotte, der eine Chemie, der andere Literatur, der dritte Fußball. Kameradschaft – ja. Man wollte uns zur Kameradschaft erziehen; aber über ein Zweigespann gedieh diese Kameradschaft nie. Auch die Gründung eines Vereins ehemaliger Schüler des «Heims» half über diese Tatsache nicht hinweg.

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