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Er erzählt mir alles, der Angelo. Einmal ist er zum Chef gegangen, um zu fragen, ob er in der Zeit, in der auch seine Tochter Ferien hat, Urlaub nehmen kann, um ein bisschen mit ihr zusammen zu sein, aber der Chef hat zu ihm gesagt, wenn es ihm so passt, wie es ist, gut, sonst kann er ja gehen. Kurzum, die Unternehmerphilosophie. Aber auch die anderen im Dorf sind böse, sagt Angelo. Sie schauen ihn schief an, weil er getrennt lebt.
Wenn ich mit meinem Nachtfaltergeflatter um den Tresen fertig bin, kommen mir die Füchse entgegen hier auf dem Weg, der mich nach Hause führt: Da ist die Frau – die ehrbare Signora nennt Angelo sie –, die sich morgens im Motel mit ihrem Liebsten trifft; da ist die Kassiererin, die meiner Tante ähnlich sieht und nie lächelt, da ist diese gemeine Ziege, die sich als Chefin aufspielt und heute Mariangela zum Weinen gebracht hat, da ist der Typ im blauen Anzug, der einen Café crème bestellt und dann zu dir sagt, du sollst seinen draussen geparkten Mercedes anschauen, und dich fragt, ob du mit ihm abendessen gehst; da ist der schweigsame Taxifahrer, der am Spielautomaten sein Glück versucht, da ist die Putzfrau, die die Zimmer im Motel sauber macht und Gretel heisst. Gretel ist eine grosse, dicke Frau, die einen Haufen Unglück gehabt hat, aber sie erzählt es mit einem Akzent, der mich zum Lachen bringt. Erst hat sie mit dem Auto ihren Sohn angefahren, so eine Schnittwunde am Kopf. Dann ist sie beinahe in Flammen aufgegangen: sie stand mit der verdammten Alkoholflasche da neben dem Kamin, und plötzlich hat sie Feuer gefangen, Verbrennung dritten Grades, ihr Sohn nur zweiten Grades, zum Glück ist sie dick, und ihr Fettpolster am Bauch hat sie gerettet, sie hat mir die Katastrophe gezeigt, sie würde schon gern noch mit einem Mann gehen, aber sie schämt sich, so verbrannt, wie sie ist.