Читать книгу Die Unbeirrbare. Wie Gertrud Heinzelmann den Papst und die Schweiz das Fürchten lehrte онлайн
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Das Feuerwehrhaus dient noch einem anderen Zweck, den die «Geschichte der Gemeinde Wallisellen» ebenfalls unterschlägt. Die Bauern bringen ihr krankes und verunfalltes Vieh hierher. Gertrud Heinzelmann schildert dies an einem Walliseller Seniorennachmittag 1991 so: «Noch heute ist die unterste Türe angeschrieben mit ‹Notschlachtraum›. Das war damals schon so gewesen, die erste Türe war die Notschlachtung. Es kam ab und zu vor, dass gegen Ende der Woche hier sogenanntes Fallvieh oder Versicherungsvieh geschlachtet wurde. Am Samstag oder Sonntag sind dann die Katholiken durch die Türe nebenan zum Gottesdienst.»18 Für die Messe unter dem «Schlauch-Tröckneturm» kommt der Priester aus dem Nachbardorf und improvisiert zwischen notdürftigem Mobiliar: «Die katholische Kirche bestand aus einem Vorraum, von hier gingen ein paar Treppentrittli hinauf. Man kam in einen langgestreckten Raum, ich glaube heute sind hier Garagen, der Boden des Raumes war aus weißgetünchten Backsteinen. Drei Bänke ohne Rückenlehne standen hier, und es gab eine blinde Türe mit einem Gitter. Das war dann bei Bedarf der Beichtstuhl. Man hat die Türe einfach geöffnet, und oh Schreck, ohne Vorhänge, man konnte zuschauen, ad libitum, wenn man im hintersten Bank sass.» Samstags zieht ein Kind durch Wallisellen und sagt an jeder katholischen Haustüre sein Sätzlein auf: «Bitte kaufen Sie einen Backstein für die Kapelle!» Die Katholiken sammeln für den Bau einer eigenen Kirche, ein mühseliges Geldauftreiben, denn viele stammen aus ärmlichen Verhältnissen, zogen vom Hinterland ins industrialisierte, reiche Zürich und haben hier als Fabrikarbeiter, Handwerker oder Dienstmädchen ein mageres Auskommen. Kommt hinzu, dass sie wie alle Einwohner Steuern zahlen, aber als staatlich nicht anerkannte Glaubensgemeinschaft für den Kirchenbau kein Anrecht auf Steuergelder haben. Mit ihrem Geld finanzieren sie die Kirchen der Reformierten.